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Tabuthema Sterben?

Dieses Thema im Forum "FORUM | Reden wir miteinander ..." wurde erstellt von spiraltribe, 29 Juni 2011.

  1. ellela

    ellela Gast

    Es ist lustig, aber diese eine Frage habe ich mir selbst nie gestellt. Meine Tochter war diejenige die mich dann mal gefragt hat wo sie war bevor sie auf die Welt kam. Da hab ich begonnen nachzudenken und für mich festgestellt, dass diese Frage die wesentlich interessantere ist....

    Kennst du die biblischen Geschichten von Köhlmeier?
     
  2. Nein kenne ich nicht, obwohl ich Köhlmeier grundsätzlich gerne mag..

    (Öhm, die Frage war nach einem Leben _vor dem Tod_! ;))
     
  3. ellela

    ellela Gast

    Sorry......
    ich fürchte diese Frage ist mir für heute abend schon zu philosophisch.
     
  4. Erzähl bitte vom Köhlmeier seiner Bibel ;)

    Und die Frage ist eben gerade so gar nicht philosophisch sondern ganz da. Wie sehr man sein Leben lebt, wie sehr man "da" ist....

    Der andere Aspekt ist, ich glaub ja, dass der Mensch deutlich mehr Schöpferkraft, Gestaltungskraft hat, als er sich bewußt ist. Mit seinem Bewußtsein, seiner Vorstellungskraft über den Tod hinaus schafft.
     
  5. ellela

    ellela Gast

    Es geht um die Schöpfungsgeschichte. Er greift in seiner Interpretation aus der Fülle aller hebräischer, babylonischer und ägyptischer Mythen, Legenden, Sagen etc.Also das Prinzip der Erde und des Himmels bekommen Kinderleins. Nur sind diese Kinder nicht so konkret personalisiert wie zB in der griechischen Mythologie sondern eher abstrakte Ideen bzw. Vorstellungen. Diese Kinder führen Krieg und alles ist Chaos. Es gibt ein Kind das nicht mitmacht. Das ist die Zeit bw. die Idee der Zeit. Und die stellt Gott dar. Der macht dann nach dem Krieg Ordnung auf der Welt und schafft den Menschen.
    Mich haben an der Geschichte zwei Aspekte fasziniert.
    1. der Ansatz, dass vieles ja zuerst als Idee, Vorstellung existiert somit als Form geistiger Energie bevor es sich irgendwie manifestiert.
    2. Zeit als Grundlage jeden Lebens bzw. sogar als Schöpfer allen Lebens.
    Für mich hat das ganz neue (und auch noch seeehr unausgegorene) Überlegungen aufgeworfen bzgl. Frage was ist vor dem Leben und nach dem Tod. Und ja letztendlich auch auf das was dazwischen liegt.
     
  6. einszwo

    einszwo Gast-Teilnehmer/in



    ich sage dir es kommt immer auf den menschen an, ich habe viele gesehen die gekämpft haben wie löwen gegen ihre krankheit, dann gewonnen oder doch verloren.
    ich habe gesehen wie leute sich aufgaben und einfach nur sterben wollten und es auch taten.

    aber viel mehr leute (in einer akuten situation) habe ich nur voller panik erlebt, die wollten um jeden preis leben und einige male wurde das schon für mich und meine kollegen gefährlich.
    der natürliche trieb, ist der trieb zu überleben. man muss psychisch wirklich fertig sein, dass man sich das leben nimmt. denn eigentlich zum schluss stirbt die hoffnung
     
  7. LolaLila

    LolaLila Gast-Teilnehmer/in

    ich habe vor elf Jahren meine Großmutter bis zu ihrem letzten Atemzug begleitet und ich kann Artemis Worten, dass der Augenblick des Sterbens, neben all der Tragik etwas zutiefst Schönes und "Heiliges" in sich birgt, sehr viel abgewinnen...
    so transzendente Erfahrungen (wie ich sie auch bei der Geburt meines Sohnes erlebte) kann man ganz schwer in Worte fassen- alles was ich dazu sagen kann ist, dass so ein Erlebnis eine unglaubliche Kraft an vollkommener Liebe freisetzt.....
    selbst den verhärtetsten und emotional rohesten Menschen den ich kenne, hat der Tod einer nahestehenden Person, zu einer totalen Herzensöffnung geführt. (leider nur kurzweilig)
    Einer, der emotional sonst nichts an sich heranlässt, wird plötzlich berührbar und ist in der Lage, eine tiefe Dimension an Gefühlen auszudrücken.... plötzlich wirkt er nicht mehr wie ein fremdgesteuertes, emotionsloses, workaholic Zombie, sondern erlangt Wachsamkeit (...) und ein echtes Gespür für sein Gegenüber.
    Das Paradoxe an dem Beispiel ist, dass erst der Tod zur Lebendigkeit geführt hat.
     
  8. Artemis

    Artemis Gast-Teilnehmer/in

    Das ist es. Ich glaube nicht, dass irgendwer "sterben" will. Ich denke eher, SO nicht mehr leben. Und der Weg, das zu ändern, ist aufgrund diverser Umstände in unerreichbarer Ferne. So eher. Kommt das auf das hin, was du meinst?
     
  9. einszwo

    einszwo Gast-Teilnehmer/in



    jep sehr richtig. deswegen im bezug auf die organspenden: ich denke wenn einer die chance hatt, besser oder überhaupt zu leben und im gegenzug halt: nie mehr alkohol, viele medikamente, regelmäßige untersuchungen, strenge diät..... ich denke so ziemlich jeder würde es machen. das ist schon unser überlebenstrieb.
     
  10. LolaLila

    LolaLila Gast-Teilnehmer/in

    eine Art "Stille" ist treffend.... merke gerade, dass ich nach Worten ringe, die so etwas nachempfinden lassen- und es gelingt mir nicht:eek:.

    (wenn schon die mystische Stille so sprachlos macht, dann versteh ich angesichts der bedrohlichen Stille, die besonders über trauernde Eltern hereinfällt, die allgemeine Tendenz zum Thema Tod zu schweigen.)

    seit mein Kind auf der Welt ist, spüre ich selbst eine zunehmende Angst und vermeide eine wirklich vertiefende Auseinandersetzung damit.

    ...wollte noch anfügen, dass ich ständig Sätze schreibe und wieder lösche, weil irgendwie nichts wirklich "passend" erscheint, sehe aber, dass du selbst dein Post gelöscht hast (was ich schade find, da es schön war). Das Thema scheint irgendwie eine generelle Unsicherheit auszulösen.
     
  11. davon hatte mein klientel schon so ziemlich alles bis zum erbrechen erlebt. eine frau weinte sogar jeden morgen den sie aufwachte, weil sie immer noch nicht tot war.
    naja, auf einer palliativstation versuchen sie nicht rauszuzögern. im pflegeheim üblicherweise auch nicht- zumindest nicht auf den stationen in denen ich arbeitete. die menschen haben ein recht zu sterben (aber keine pflicht! was für die wichtig ist, die noch nicht abtreten wollen :D )
    äh es gibt schon leute die es ablehnen. eine davon kannte ich.
    :D schau ich weiß nicht ob ich es annehmen würde, keine ahnung. allerdings ist mein lebenserhaltungstrieb nicht besonders ausgeprägt.
    also sterben selbst find ich nicht schön anzusehen, darauf könnt ich verzichten.
    es gibt viele menschen die erstens weiterleben wollen und zweitens BESSER weiterleben wollen (mit einer neuen niere lebt es sich schon etwas besser als mit der dialyse ;) . und die leute sterben ja nicht gleich, aber die lebensqualität mit kaputtem organ ist auch nicht rosig
    )
    also ich schätz mal, dass so gut wie jeder sich damit abfindet mal zu sterben.
    der lebenserhaltungstrieb ist auch bei jedem unterschiedlich ausgeprägt. manche bringen sich um - deren lebenserhaltungstrieb war wohl nicht so besonders- manche leben sehr gefährlich, obwohl es anders möglich wäre - da wird wohl auch nicht so viel erhaltungstrieb sein- manchen ist es egal ob sie leben oder nicht usw usf.... es gibt viele facetten. aber in großer ungeplanter gefahr versuchen sich fast alle (auch die potentiellen selbstmörder) sich zu retten.
     
  12. Artemis

    Artemis Gast-Teilnehmer/in

    Ich hab auch ständig geschrieben und gelöscht.

    Auch weil diese Augenblicke so intim und persönlich waren. Und ich auf einmal den Gedanken hatte, dass solche Momente wohl auch eine Intimsphäre haben. Ich weiß nicht.

    Auf alle Fälle habe ich so unfassbar viel in diesen Momenten erfahren und erlebt, gelernt und empfunden, dass es wohl das Wort "Liebe" wirklich zusammen fasst. Worte reichen für solche Augenblicke einfach nicht aus.

    Genauso wie bei der Geburt, als ich vorher immer dachte, wie wird das sein, wenn ich mein Kind zum ersten Mal SEHE.

    Dabei waren die Augen da unwesentlich, die hatte ich im ersten Augenblick zu. Was ich niemals vergessen werde, ist der Moment des ersten BERÜHRENS. Das Gefühl, wenn man dem Kind zum ersten Mal die Hand auflegt, wenn´s einem auf den Bauch gelegt wird... DAS hat sich eingebrannt ins Gedächtnis. Alles Andere auch, aber das war das Erste. Die Augen waren unwesentlich.

    Das kann man aber vorher nicht wissen. Genauso ist es bei den anderen Erlebnissen. Und irgendwo sind da Worte einfach unzulänglich. Ich empfind sie manchmal sogar fehl am Platz in solchen Zusammenhängen.

    Es ist, als würde man versuchen, zu erklären, was Farben sind.
     
  13. mane9

    mane9 Gast-Teilnehmer/in

    ich habe kaum erfahrung mit dem tod.
    ich weiß deshalb auch nie, wie ich mit trauerenden umgehen soll.

    haltet ihr es für möglich, dass jemand den tod seiner pflegebedürftigen eltern nur als erleichterung sieht? damit bin ich unlängst konfrontiert worden - und ich kann damit echt schwer umgehen. ich hoffe sehr, dass das eine trauervermeidungsstrategie ist und kein ausdruck von gefühlsleere.
     
  14. ellela

    ellela Gast

    Ich habe Freunde mit pflegebedürftigen Familienmitgliedern und ich erlebe immer wieder wie belastend diese Situation ist, auch wenn die alle nicht selbst pflegen. Den zunehmenden Verfall eines lieben Menschen mitzuerleben ist schmerzhaft. Die Trauerarbeit, das Abschiednehmen, das findet alles schon vorher statt. Diese Erleichterung ist in meinen Augen weder Trauervermeidung noch Gefühlsleere es ist auch keine Bösartigkeit. Es ist einfach das Ergebnis eines langen, schweren, schmerzhaften Prozesses, von dem du vielleicht nur die Spitze des Eisbergs miterlebt hast.
     
  15. mane9

    mane9 Gast-Teilnehmer/in

    danke, eine ähnliche erklärung habe ich mir erhofft.
     
  16. Heute war im Ö1 ein Beitrag über die Welt der Pilze. Unter anderem kam da auch ein "Wenn einer den Mund aufmacht und es schimmert einem schon weißllich entgegen, der sogenannte Soor, dann konnte man früher davon ausgehen, dass das entweder ein Organtransplantierter oder Aidskranker ist. Heute gibt es ja dank der Medikamente nicht mehr soviele Aidskranke" (Aus dem Gedächtnis wieder gegeben, Abweichungen möglich)

    Ich hatte nach der Geburt meiner Jüngsten ewig lange das Problem, sehr Infektanfällig zu sein. Müde und schwach. Ich brauche, um mich lebendig und wohl zu fühlen, viel Bewegung in der Natur. Den Puls mal raufdrehen, das Blut in den Wangen zu fühlen, zu spüren, wie jede Zelle auf hochtouren arbeitet, nicht mehr kontrolliert atmen zu können sondern mein Körper übernimmt einfach. Dazu noch Sonne, Berge, frische Luft.....

    Als gesunder Mensch braucht es (in meiner Wohngegend) nicht viel dazu, ein billiges Vergnügen. Immunsupremiert jedoch unvorstellbar.....

    Es ist mehr als nur ein bißchen Diät halten. Und dann noch die psychische Komponente, ein Organ eines Toten mit sich herum zu tragen. Oder darauf zu warten, dass jemand stirbt, vielleicht sogar zu hoffen....

    Mich würde das vermutlich deutlich mehr belasten, als die Aussicht, bald (gut betreut) zu sterben. In einer Paniksituation würde ich allerdings genauso um mein Leben rennen.

    Aber mir fällt auf, dass sich hier hauptsächlich Leute tummeln, die sich professionell mit dem Thema auseinander setzen (Ausnahmen bestätigen die Regel ;) ) Was meine überlegung, dass das Sterben institutionalisiert wird und so aus dem üblichen Lebensalltag ausgesperrt wird, bestätigt. Tabuisiert....
     
  17. Oftmals brauchen Menschen, die trauern, jemanden, der zuhört. Dem sie die Erinnerungen erzählen können. Im Erinnern ist der Verstorbene wieder lebendig. Und der Trauernde kann diese Erinnerung mit_teilen. Und ab und zu beruhigung, wenn sich jemand (meist unnötig) quält, irgendetwas nicht gemacht zu haben. Z.b. nicht am letzten Tag auch noch einmal zu Besuch gekommen zu sein...

    Und manchesmal, wenn man scih bewußt wird, wie kostbar so ein Menschenleben ist, wie fragil und ....anfällig wir sind und einem die Worte fehlen, ist eine warme Hand am Rücken oder eine Umarmung, ein festes, wortloses Drücken, haltgebend....
     
  18. Lilien

    Lilien Gast-Teilnehmer/in

    Damit versuche ich mich immer zu trösten.
    Ich war fast "froh" als mein Vater es hinter sich hatte... Das er endlich aus seinem quälenden Körper befreit wurde.:(

    Darüber denke ich auch sehr oft nach.
    Mein Papa hat ca. 2 Jahre wirklich gekämpft. Jede erdenkliche Therapie und Behandlung mitgemacht. Ich glaube er dachte er muss das für seine Kinder tun. Um so lange wie möglich für sie da zu sein.
    Dabei hätte ich es ihm von Herzen vergönnt und auch verstanden, wenn er seine Koffer gepackt hätte, ans Meer gereist wäre und sich an irgendeinem Strand ein paar Medikamente eingeworfen hätte um nie wieder aufzuwachen.
    Denn gewusst hat er schon lange, das er nur mehr wenig Zeit haben wird. Aber "für uns" hat er diese Zeit mit schmerzhaften Behandlungen mit schlimmsten Nebenwirkungen verbracht.
    Ich hätte es verstanden, wenn er sein Leben auf andere Art beendet hätte.
     
  19. Gerade das bewzeifle ich. ich schätze eher, dass so gut wie jeder den eigenen Tod aus seinem Bewußtsein verdrängt. Kognitiv, rational ja, irgendwann wird jeder mal sterben. Aber nicht wirklich unmittelbar auf sich bezogen...

    Ich glaub, wir leben in einer Gesellschaft, in der der Tod ein Feindbild ist, dass es zu bekämpfen gilt wo es nur geht....
     
  20. Das liest sich sehr interessant. Erinnert mich ein wenig an Stan Nadolnys "Der Gott der Frechheit" in der es um die griechischen Götter in der heutigen Zeit geht, diese aber nicht nur die personifizierten Wesen sondern auch eine Art Archetypus sind... das ganze etwas verschwommen und ...rauschig erzählt
     

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