Straßennamenänderungen

Die aktuelle Debatte um die Tiergarten-Werbung ist auch etwas wo man sich aufs Hirn greift.

-Fleur-

 

Zum Fettgedruckten: Wer versucht das? Ich habe noch nie das Gefühl gehabt, dass mir irgendjemand ein schlechtes Gewissen machen will. Meine Freunde auch nicht, genausowenig meine Familie, obwohl wir auch zu dieser Nation gehören. Ich habe auch noch nie in meinem ganzen Leben gehört, dass man als Österreicher ein schlechtes Gewissen haben sollte. Von niemandem. Ehrlich, mich würde interessieren, warum du dieses Gefühl hast? Wollten dir echt schon Leute ein schlechtes Gewissen einreden? Oder empfindest du einfach Diskussionen wie die um die Straßentafeln als solches?

Sicher würde man ein Zeichen setzen. Nämlich dass Nationalsozialismus menschenverachtend ist und ein positives Andenken (was Straßentafeln ja normalerweise sind) an diese Zeit inakzeptabel ist - selbst wenn das Volk dafür ist. Und ehrlich...sollten jemals wieder Zeiten wie in den dreißiger Jahren kommen und so ein völlig Wahnsinniger vom Volk gewählt werden, dann hoffe ich inständig, dass irgendjemand ihn an der Machtergreifung hindert - ja, auch gegen das Gesetz und den Willen des Volkes. Denn nochmal - so etwas darf NIE wieder passieren.

 

Man sollte sich eben auch daran erinnern, daß die Nationalsozialisten nicht durch einen gewaltsamen Umsturz, sondern durch eine Wahl an die Macht gekommen sind, wobei sie aus ihren menschenverachtenden Anschauungen kein Hehl gemacht haben, da sie genau wußten, daß Antisemitismus und Randgruppenfeindlichkeit tief im Volk verwurzelt sind. Das, gepaart mit Versprechung von wirtschaftlichem Aufschwung hat die Wähler überzeugt.
Aber das ist zum Glück alles Schnee von gestern, Schwamm drüber, heute sind die Menschen ja viel klüger und fallen darauf nicht mehr herein.

 

Die meisten haben nach Kriegsende geschwiegen, weil sie froh waren dass es vorbei war und haben ihren Blick in die Zukunft gerichtet - hätten sie das nicht getan, wären sie am Leid auch noch im Nachhinein zerbrochen. Die Siegermächte haben entnazifiziert und umerzogen und im TV spielt es rund um die Uhr Hitler und Komplizen, Hitler und die Frauen, Hitler und seine Pläne für das Reich, Zeitzeugen berichten etc. etc. etc. - vergessen ist so ohnehin unmöglich.

-Fleur-

 

So war es zwar nicht (Juli-Putsch 1934) aber es passt halt so schön wenn man es so haben will.

Aber der Beitrag ist ein schönes Beispiel, das österr. Volk ist schuld und wird es bleiben - und zur Not betreibt man Geschichtsfälschung.

-Fleur-

 

Sicher, das werden geänderte Straßennamen auch ganz sicher bewirken.

-Fleur-

 

Was soll sein mit dem Juli-PutschVERSUCH?
Da haben Mitglieder der illegalen Nazipartei den Boss der regierenden Faschistenbande abgemurkst und sind dafür selbst aufgehängt worden. Quasi eine Gangsterfehde.
Das hat doch nichts mit der deutschen Wahl 1933 zu tun.

 

Auch damals haben Österreicher nicht in D gewählt.

-Fleur-

 

Die Nazis sind aber als deutsche Partei nun einmal in Deutschland gewählt worden.

 

Leute, man wird das Gedankengut sowieso nie ganz ausrotten können. Es wird auch mit Sicherheit irgendwann wieder irgendwo Völkermord geben. Heute täglich in Afrika und zuletzt erst 1995 in Europa.

Aber alleine die schiere Anzahl systematisch ermordeter Menschen im dritten Reich lässt hoffentlich jedem Menschen das Blut in den Adern gefrieren. Auch wenn man selbstverständlich kein persönliches Schuldgefühl deshalb hat.

Das Problem sind leider die Emotionen, die durcheinander kommen. Viele Österreicher und Deutsche fühlen sich durch die Aufklärungs- und Aufarbeitungs-Massnahmen persönlich angegriffen. Sie glauben, man will ihnen irgendeine Schuld geben und wünschen sich deshalb, dass das endlich aufhört. Und wehren sich deshalb mit Händen und Füssen dagegen, wie auch in diesem Thread leicht zu erkennen ist.

Das ist aber ein Missverständnis. NIEMAND möchte den heute lebenden Menschen noch irgendeine Art von Schuld an dem Massaker geben. Es lebt ja fast niemand mehr, der persönliche Schuld hätte. Es geht nur mehr um Respekt und Gerechtigkeit gegenüber den Opfern. Diesen Respekt kann hoffentlich jeder heute lebende Mensch aufbringen, der die Geschichte kennt und emotional nicht behindert ist. Und zu diesem Respekt gehört es, Strassenschilder, die Verbrecher von damals ehren, endlich zu entfernen.

Betreffend Aufklärung der Jugend hilft nur, ihnen Dokumentationsfilme der Ereignisse vorzuführen. Jeder halbwegs normale Mensch fühlt dann schon das Richtige. Es ist ja unglaublich, wieviele Menschen in Wirklichkeit keine Ahnung haben, was damals passiert ist. Menschen leben eben gerne in ihrem Schneckenhaus und schotten sich vor grausamen Dingen ab. Und das von damals grausam zu nennen ist die Untertreibung des Jahrtausends.

 

Oftmals gehört, diese Relativierung, trotzdem falsch.

Wahr ist leider, dass es in der Menschheitsgeschichte immer wieder zu unfassbaren Grausamkeiten gekommen ist und höchstwahrscheinlich auch wieder kommen wird. Wahr ist auch, dass es für den einzelnen wahrscheinlich keinen allzu großen Unterschied macht, ob er als Tutsi von Hutus massakriert wird oder als X von Ys. Es gibt aber beim Holocaust noch etwas über die Perspektive des einzelnen, der furchtbare Grausamkeiten erleidet, Hinausgehendes - die Industrialisierung des Völkermordes, die penibel ausgetüftelte Bürokratie der Vernichtung, die perfide "Legitimierung" des Wahnsinns durch ein dem Rassenwahn wie alle anderen Institutionen anheim gefallenes "Rechtssystem" usw.

Als wäre das unvorstellbare Leid, das mit der Vernichtung von Millionen von Menschen einher geht, nicht schon genug, wurde außerdem praktisch die gesamte geistige Elite ausgelöscht oder vertrieben, man denke nur an die unseligen Proponenten der "Deutschen Physik" - vom Land der Denker und Dichter, das einmal führend in Wissenschaft, Kunst und Kultur war zum Land der unfassbaren Barbarei, das stellt eine beispiellose "Fallhöhe" dar. Ja, ein oder mehrer Elemente dieser Tragödie finden sich mehrmals anderswo in der Geschichte, aber nie in ihrer gesamten Monströsität.

In Österreich wurde diese Zeit nie richtig aufgearbeitet, wir fühlten uns stets in der Opferrolle wohl und unsere Eltern hörten mehrheitlich im Geschichtsunterricht nie den Namen "Hitler".
Darum ist es völlig irrelevant, wieviele Gewalttaten heute auf das Konto von Rechtsextremen gehen, diese Zeit darf schon alleine deshalb nie in Vergessenheit geraten, um als Mahnmal dafür zu dienen, dass das Undenkbare eintreten hat können. Die heutige Jugend trifft keine Schuld daran, sie hat aber ein Recht darauf, alles über diese Zeit zu erfahren. Inklusive der geänderten Sichtweise auf Straßennamen.

 

Es ist tatsächlich so, dass die Allermeisten von den Ereignissen überrollt und darunter zu leiden hatten - Arbeitsdienst, Kriegsdienst, Kälte, Hunger, Obdachlosigkeit, Einschränkungen in der freien Meinungsäußerung - sie haben Kinder, Väter und Freunde verloren, viele haben Dinge getan - die sie unter normalen Umständen nie tun würden usw. usw. - diese Traumen haben vielfach Sprachlosigkeit hinterlassen - zu ändern war es ohnehin nicht mehr - nachdem es vorbei war, hieß es Ärmel hoch krempeln und nach vorne schauen, zu leben.
Die Namensgeber der Straßen leben schon lange nicht mehr, man kann sie nicht fragen, wie es wirklich war - was ihre Beweggründe waren.

-Fleur-

 

ich fände es gut, wenn die geänderten straßennamen zusatzschilder bekämen, dass hier eine änderung wegen der problematischen lebensgeschichte des ursprünglich geehrten vorgenommen wurde. so würde sich die stadt wien dazu bekennen, einen erkennungs- und umdenkprozess gemacht zu haben und es käme auch das argument 'man schweigt die vergangeheit weg' nicht mehr zum tragen.

solche zusatzschilder gibts ja auch jetzt schon, wenn erklärt wird, wer das war, nach dem/der die straße benannt wurde.