Katastrophale Nichtbeherrschung der deutschen Rechtschreibung

Wir mussten eine Leseliste mit 25 Büchern abgeben (AHS-Matura, ca. 10 Jahre früher), gelesen hatte ich bis dahin aber sicher das Zehnfache, es gab ja damals nichts anderes außer 2 fade Fernsehprogramme.

 

Mein Gott, vor ein paar Jahren hab ich auch noch genauso gedacht und jetzt ärgere ich mich einfach nur um so eine Verallgemeinerung. Hast Du schon jemals etwas von Legasthenie gehört? Gottseidank ist diese Schwäche heutzutage bekannt und wird in guten Schulen berücksichtigt, gottseidank gibts Lehrer, die auf die individuellen Stärken der Schüler eingehen, gottseidank gibts nicht nur Leute, die glauben, dass sie intelligenter sind als jene, die Rechtschreibung nicht beherrschen.

Mein Stiefsohn ist 11 Jahre alt, er ist schwerer Legastheniker und Chaot und leidet sehr darunter, er geht seit 3 Jahren zum Legasthenietraining, liest sehr viel und übt und übt und übt, er ist ein sehr ehrgeiziger Bub. Auf Deutsch-Schularbeiten bekommt er regelmäßig seinen 3er (Rechtschreibung 5, Inhalt 1, Ausdruck 1, Aufbau 1). Er versteht die Grammatikregeln, auch in Mathe kennt er sich überall aus, nur ist er bei Schularbeiten oft verwirrt von den Angaben oder er lässt ein Beispiel aus oder so und bekommt dadurch schlechtere Noten obwohl er alles richtig rechnet....die Lehrer sind begeistert, weil er so viele Referate macht - vor allem in den "Nebenfächern" wir er hochgelobt, weil er ohne Scham vor der ganzen Klasse frei redet, sich super auf Themen vorbereiten kann und sich sehr gut ausdrückt...
Ich wünsche mir für ihn, dass er weiter auf eine HTL gehen kann, so wie er sich das wünscht und dort Lehrer hat, die seine Talente erkennen und sich nicht darauf aufhängen, dass er ein Chaot ist und nicht rechtschreiben kann....

Übrigens ist Legasthenie vererbbar und mein Stiefsohn hat es offensichtlich von seinem Vater, der in der Volksschule von den Lehrern als Dummerl behandelt wurde, weil er nicht rechtschreiben konnte. Er hat in seiner Kindheit und Jugend Bücher nur so verschlungen, ist ein Genie was Geschichte betrifft, hat viel mehr Allgemeinbildung als so mancher Akademiker, hat zunächst die HTL abgebrochen und als Programmierer gearbeitet, dann im 2. Bildungsweg die Matura nachgemacht und hat nun eine Firma für Elektrotechnik mit 20 Mitarbeitern....

Gottseidank gibts heutzutage Rechtschreibhilfen in Textverarbeitungsprogrammen etc sonst würden vielleicht noch viel mehr Leute wie du denken: Nämlich, dass Legastheniker Idioten sind

 

Ja, ich auch, aber das waren nicht alles original deutschsprachige Bücher (nur die durften auf die Leseliste)

LG,
Glueckskatze

 

Ich!

 

bei wie geht's ist der apostroph ja korrekt, aber susie's onlineshop oder claudia's salon oder am allerschlimmsten sind mama's aus wien, ganser'l, u.ä.

 

Echt? Ich schlingere schon bei Texten aus der 4. AHS und bitte, Latein gehörte zu meinen Lieblingsfächern! Eventuell auf den viel höheren Zeitabstand zwischen Schulabschluss und heute zurückzuführen?

 

leider nein... der unterricht ist generell veraltet und entspricht nicht den gängigen erkenntnissen der lern- und hirnforschung. hab jetzt leider keine zeit, aber vielleicht komm ich am abend dazu, was darüber zu schreiben.

 

es geht hier aber nicht um legastheniker!

 

ich glaub aber, nach dem erlernen des ABC spießt sichs dann.
es werden viele inhalte vermittelt, viel allgemeinwissen, es werden viele zusatzangebote gemacht, projekte etc. - ganz toll, das lockert den schulalltag auf - nur das einprägen, das vertiefen des faden "immer gleichen" ist halt verpönt.

das müsste wirklich von grund auf saniert werden - aber das geschieht nicht.

 

Das glaube ich auch.
Die Sprachen, die ich noch gut kann sind die, wo Vokabel geprüft wurden. Je engmaschiger, desto größer waren die Chancen, dass ich es tatsächlich 1x durchlas. Und die Vokabel und Regeln kann ich jetzt noch.
Wiederholen und fades Einstudieren kann man nicht wirklich interessant gestalten, da braucht es den Mut von Lehrerseite, uncool zu sein.

... ich bin jetzt noch traurig über die verschwendeten Jahre meiner letzten Fremdsprache, wo es nie Vokabeltests gab und viel Wert auf Eigenverantwortung gelegt wurde. Ich habe immer 1-2 auf die Schularbeiten gehabt, weil das Kurzzeitgedächtnis gerade noch so viel hergab... aber heute kann ich kaum einen geraden Satz. Jammerschade.

 

Ich glaube auch, dass es zu einem großen Teil daran liegt, dass viele Kinder sehr wenig lesen.
Ich habe als Kind unzählige Bücher verschlungen und WUSSTE daher einfach, wie man dieses oder jenes Wort schreibt, wie man Beistriche setzt usw. Was man sehr oft richtig geschrieben sieht, prägt sich doch automatisch ein.
Legasthenie ist natürlich ein anderes Kapitel, aber mal ehrlich - SO VIELE Legastheniker kann es gar nicht geben!
Wenn ich oft lese, wie lieb die Baby's in der Kindergrippe spielen, stellt's mir die Haare auf.

 

Woher willst du das wissen? So manch Erwachsener hat im Kindesalter vielleicht gern gelernt, war wissensdurstig und fleissig und hat sich dennoch mit der Rechtschreibung gequält und keiner wusste damals, dass es sich dabei um eine Rechtschreibschwäche handelt und nicht um Dummheit. Legasthenie zieht sich, vor allem wenn im Kindesalter nicht erkannt, durchs ganze Leben. Woher möchtest Du wissen, dass derjenige, der im Forum etwas postet, der beim Browserspiel mitspielt usw. nicht ein hochintelligenter Mensch ist, aber eben leider diese Rechtschreibschwäche hat?

Das mit den Apostroph macht mich allerdings auch narrisch und ist für mich klar abzugrenzen von wirklichen Rechtschreibfehlern. Man merkt ziemlich schnell am Stil, am Inhalt und am Aufbau von Texten, ob jemand einfach eher einen beschränlten Intellekt hat bzw nur eine kurze Schulbildung genossen hat oder ob jemand einfach Probleme mit der Rechtschreibung hat....

Unsere Kinder wachsen mit Internet, social networks, smart phones etc auf und es liegt an uns, dafür zu sorgen, dass sie sorgsam damit umgehen lernen. Man Kinder nicht zum Bücher Lesen zwingen. Man kann es ihnen nur immer wieder schmackhaft machen und mit gutem Vorbild vorangehen...

 

Ja, bei vielem - aber bitte nicht beim Rechtschreiben! :boes:
Das ist wie Radfahren (oder Sex), das verlernt man nicht. Außer es kommt wieder mal so eine Reform, die einen überholt ...

 

Und? Bei dir hat's ja auch funktioniert!

 

ich habe mir vor kurzem wieder mal den kleist zu gemüte geführt. sehr gewöhnungsbedürftig zu lesen. genauso wie grass oder böll gewöhnungsbedürftig sind.

wir bekamen von unseren eltern bei jeder sich bietenden gelegenheit bücher geschenkt. und unsere kinder sind auch leseratten. bücher vermitteln ja nicht nur geschichten, sondern auch den sprachschatz. daran sollte man denken, wenn über bücher gesprochen wird.

mit dem lesen verfestigt sich auch die rechtschreibung. ausgenommen bei legasthenikern. für diese gelten eigene regeln und es gibt eine reihe von möglichkeiten, legasthenie weitestgehend zu überwinden. rechtschreibung sollte nicht überbewertet aber auch nicht gänzlich ignoriert werden.

ach ja, noch was. ministerin gehrer gab eine studie in auftrag. das ergebnis: es gibt rund 300.000 funktionale analphabeten in österreich. tendenz steigend.

 

wie hats meine oma schon richtig gesagt:

deutsche sprache, schwere sprache





im forum bzw online, schreib ich immer klein

 

Das finde ich auch und ich bewundere jeden Ausländer, der einigermaßen fehlerfrei Deutsch spricht.

Ich habe im Laufe meines Lebens fünf lebende Sprachen erlernt und finde im Vergleich, dass Deutsch die komplizierteste Grammatik hat. (außer vielleicht Französisch... )

LG,
Glueckskatze

 

Du hast die Pointe nicht verstanden. Die lautet: Am Schulsystem liegt's nicht, das hat sich diesbezüglich nicht so verändert. Wobei Lucy schreibt, die Änderung kommt dann später; das kann ich nicht beurteilen, meine Große ist Erstklässlerin.

 

Glaub ich nicht. Genau das Gegenteil wird der Fall sein, weil sich die meisten Lehrkräfte nicht an die Verordnung für die Leistungsfeststellung halten. Bei einer Zentralmatura wird sich das aber ändern.

Aus der Verordnung über die Leistungsfeststellung:
§ 16. (1) Für die Beurteilung von Schularbeiten sind folgende fachliche Aspekte maßgebend:
1. in der Unterrichtssprache
Inhalt, wobei entsprechend der Themenstellung Beobachtungsfähigkeit, Gedankenrichtigkeit, Sachlichkeit, Themenbehandlung, Aufbau, Ordnung und Phantasie zu berücksichtigen sind,
Ausdruck,
Sprachrichtigkeit,
Schreibrichtigkeit;
http://www.bmukk.gv.at/schulen/recht/gvo/lb_vo.xml#07

Und weiter aus dem Legasthenie-Erlass für die AHS:
Grundsätzlich muss die Verordnung über die Leistungsfeststellung so interpretiert werden, dass “Schreibrichtigkeit” (also Rechtschreibung) an letzter, also an vierter Stelle der zu berücksichtigenden Kriterien genannt wird.[/B] Das gibt auch Aufschluss über das Gewicht dieses Kriteriums. Diese Gewichtung gilt grundsätzlich und nicht nur bei der Beurteilung von Arbeiten der Schüler/innen, die legastheniebedingte Probleme haben (vgl. die unter- schiedliche Reihung der Kriterien bei den Fremdsprachen).

Gruss
Manuela