1. Reden wir miteinander ...

    Liebe(r) Gast, tausche dich mit uns über die Themen aus, die dich gerade beschäftigen. Falls du es aushältst zu erfahren, was Außenstehende darüber denken. ;-)

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Eher geht ein....

Dieses Thema im Forum "FORUM | Reden wir miteinander ..." wurde erstellt von nici33, 3 September 2007.

  1. Berthold

    Berthold Gast

    Wie Urlaub, der nicht aufhört. ;)
    Nein, Spaß beiseite: ich finde es im Prinzip ja gut, dass es privat finanzierte Einrichtungen gibt, die stattliche Löcher stopfen. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn jede/r von seinem Einkommen etwas für eine soziale Einrichtung abgeben müsste, und wenn es die Kirche ist, wird das angerechnet (ungefähr so ist es in Italien).
    Ich will auch nicht nur wegen dem Finanziellen aussteigen, das käme mir schäbig vor, weil ich mir den Kirchenbeitrag wirklich leisten kann.
    Nein, es sind grundsätzliche Dinge, warum ich mit der RKK nicht mehr kann. Für einen liberal und demokratisch geprägten Menschen des 20./21. Jahrhunderts wie mich ist die zutiefst undemokratische und Menschen ausgrenzende Struktur der Kirche kaum erträglich.
     
  2. Berthold

    Berthold Gast

    So, und warum mischt sich die kath. Kirche dann in die protestantischen ein und beleidigt sie, anstatt sie einfach in Ruhe zu lassen? Wie ihnen das "Kirche"-sein kurzerhand abzusprechen?
    Und ich hätte gern, dass sich in meine Lebensweise NIEMAND einmischt. Weder eine katholische, noch eine nicht-katholische Kirche bzw. eines ihrer Mitglieder. Bittedanke.
     
  3. Berthold

    Berthold Gast

    Warum?
    *lauernd auf Antwort warte*
     
  4. Berthold

    Berthold Gast

    So, und jetzt kommen wir zu einem ganz fundamentalen (und beileibe nicht nur nebensächlichen) Problem:
    Die Kirche behauptet und glaubt, im Besitz der göttlichen Wahrheit zu sein. Klar, ist nur logisch, sie beruft sich ja auf Gott und seine Offenbarung. Wenn sie also die Wahrheit hat, dann kann alles Abweichende nur die Unwahrheit sein. Und diese Wahrheit zu verbreiten ist nicht nur ein göttlicher Auftrag, sondern geradezu ein Dienst an den Ungläubigen. Damit ist es eine Pflicht zu missionieren (streng genommen auch gegen den Willen der Missionierten), ebenso wie Einfluss auf Gesellschaft und Politik im kirchlichen Sinne zu nehmen. Mit einer aufgeklärten Gesellschaft verträgt sich das absolut nicht, aber von kirchlicher Seite her ist es nur logisch. Ein geschlossenes System, das sich selbst begründet.

    Machst du Scherze? Nicht, was die Ortskirchen an den Vatikann überweisen, entscheidet, sondern wieviel kirchliche Einrichtungen und der Vatikan haben. Und das weiß niemand, aber wenig ist es sicher nicht.
    Und was Macht betrifft ... wenn du schaust, wer sich in Ö an Entscheidungsträgern als katholisch bezeichnet und damit nach kirchlichen Geboten und Anweisungen handeln müsste, dann brauchen kirchliche Würdenträger selber gar kein öffentliches Amt zu haben. Es reicht, wenn Katholiken es für sie tun. Die oft zitierten "christlichen" Werte dürften eigentlich auf die Politik überhaupt keinen Einfluss haben, aber der ist natürlich da.
    Probier mal, die Kreuze aus den Schulzimmern entfernen zu lassen!
     
  5. Dimple

    Dimple Gast-Teilnehmer/in

    Lieber Berthold: Barack Obama hat in seinem Buch geschrieben, daß die Religionsfreiheit gemäß der Begründer der modernen Demokratie (Verfassungs-Väter der US-Verfassung) nicht die Freiheit VON Religion ist, sondern die Freiheit ZU Religion. Es geht also nicht darum, daß der Staat von Religion gesäubert wird, sondern daß jeder seinen Glauben leben und praktizieren darf, dafür werben, die Werte und Ziele (soweit sie innerhalb der Verfassung liegen) zu verwirklichen suchen darf.

    Die Kirche strebt nicht nach Einfluss, aber wenn ich ein gläubiger Mensch bin, dann sind die Werte der Kirche meine Werte und diese darf ich genauso propagieren, versuchen zu verwirklichen, in politische Ideen und Programme fassen, Versuchen dafür Mehrheiten zu finden,... wie zB. Werte und Ziele von Atheisten.

    Die röm.kath. Kirche hat viele Fehler begangen und begeht sicher noch immer viele. Aber der christliche Glauben (bei uns: primär in der röm.kath. Variation) ist hier in den Gehirnen und Herzen von vielen Menschen verankert, bringt vielen Menschen Hoffnung und Zuversicht, Trost und Rat und ist damit (nicht aus der Kirche als Institution, sondern aus dem Leben der Gläubigen) ein massiver Teil unseres Staates - IMHO Gott sei Dank.

    Zu der Diskussion mit den evangelischen Kirchen: Die Sicht ist ganz einfach und logisch und verständlich: Sämtliche Kirchen (ich nenne sie Kirchen), die nach der Spaltung in die Orthodoxen und Katholischen Gemeinden (ca. 1050 n. Chr.) entstanden sind, sind Abspaltungen von der röm.kath. Kirche. Diese haben sich von dem, die kath. Kirche prägendem, Prinzip der apostolischen Sukzession (also: die ersten Priester/Bischöfe waren die Apostel und jeder weitere Bischof und Priester ist in direkter Reihe geweiht worden) abgewandt - da aber ein Kernmerkmal der Kirche (nach dem eigenen Verständnis) eben diese Sukzession ist, können diese keine Kirchen (nach kath. Verständnis) sein. Aber dies ist eine theologische Fachfrage, die vor allem einem Ziel gilt: Für jegliche Diskussion über Ökumene und eventuelle Wiedervereinigung von christlichen Kirchen, ist es notwendig, nicht nur über das Einigende, sondern auch über das Trennende Bescheid zu wissen. Und ein Papst, der eben Professor für Theologie ist, spricht diese Dinge halt klar und deutlich aus.

    lg
    Dimple
     
  6. Berthold

    Berthold Gast

    Lieber Dimple:
    Bei allem Respekt vor Barack Obama, aber er ist für mich nicht die Autorität, was Religion (besonders katholische) betrifft. Ich kenne jetzt sein Buch nicht, ich kenne ihn nicht persönlich, daher kann ich ihn auch nur nach dem beurteilen, was ich aus den Medien über ihn weiß (und das gefällt mir nicht so schlecht) und was du hier schreibst.
    Für mich stellt religiöse Freiheit schon sehr wohl auch die Freiheit von Religion dar, ebenso wie Freiheit zu Religion! Erst beides zusammen ergibt echte Religionsfreiheit! Ebenso, wie ich es ablehne, dass Menschen mit Gewalt oder gesellschaftlichem Druck von Religionsausübung abgebracht wrden sollen, möchte ich nicht, dass sie ihnen verordnet und aufs Aug gedrückt wird.

    So. Wir hatten jahrhundertelang eine Staatsreligion, gerade die Habsburger (von Joseph II. einmal abgesehen) haben sich sehr als Erfüllungsgehilfen der kath. Kirche hervorgetan. Andere Konfessionen wurden unterdrückt oder vertrieben, weil sie eben nicht die einzig wahre waren. Danach kam der Austrofaschismus, der ebenfalls sehr stark politisch-katholisch geprägt war. Die Hitlerzeit war wieder das Gegenteil und hat fast alle christlichen konfessionen verfolgt (von anderen gar nicht zu reden), was natürlich auch grundfalsch war.
    Erst seit nach 1945 kann man von einer gewissen Freiheit reden, was dem Konkordat zu verdanken ist, das Kirche von Staat grundsätzlich trennt! Damit haben Menschen die Wahlfreiheit, ob überhaupt und welcher Konfession sie angehören wollen, ohne dass ein Unterschied gemacht wird. Wie es nur recht und billig ist, wenn man die Menschenrechte anschaut. Die von seiten der Kirche viel beklagte und bejammerte Pluralität der Meinungen und Weltanschauungen halte ich für eine Bereicherung, eine Herausforderung, von der auch die Kirche profitieren kann, ja muss! Sie steht in Konkurrenz, muss sich als zeitgemäß erweisen, als Angebot, das von sich selber her gut genug ist um angenommen zu werden. Nicht anders, als es in der Zeit Christi und kurz danach war! Im Gegenteil - damals war es ein Nachteil der Kirche anzugehören, und trotzdem taten es die Leute. Weil die Kirche etwas anzubieten hatte, und das war das Grundsätzliche: eine Lehre von Befreiung, von Auferstehung, von Unterschiedslosigkeit der Menschen.

    Paulus hat richtig erkannt, dass nebensächliche Regeln da nur hinderlich sein können und sich da gegen Petrus erst einmal durchsetzen müssen. (Ok, er selber hat auch genug Regeln aufgestellt!) Die Kirche läuft Gefahr, und ich denke, dass sie diese seit Jahrhunderten übersehen hat, dass Zwang, Ge- und Verbote nur den Blick auf das Wesentliche verstellen. Christus bietet etwas an, das nur freiwillig angenommen werden kann. Werben im Sinne von Anbieten - ja, die eigenen Regeln zu denen der Gesellschaft machen - nein!

    Wenn du Amerika als Beispiel heranziehst: gerade der Umgang mit der christlichen Religion in den USA zeigt für mich ein Beispiel, wie es nicht sein soll. Bush ist ein christlicher Politiker, der einen unsinnigen Krieg angefangen und Tausende in den Tod und Unglück gestürzt hat. Mit der Unterstützung eines großen Teils der christlichen Bevölkerung, wohlgemerkt. Religiöse Politiker verdammen Homosexualität und andere sexuelle Praktiken und werden selber dabei erwischt.
    Ich glaube nicht, dass wir uns die USA da als Vorbild nehmen sollten. Da ist mir die klare Trennung von Staat und Kirche, wie sie bei uns festgeschrieben ist, schon lieber, auch wenn die "christlichen Werte" für meine Ohren zu oft und arg strapaziert werden. Warum sind sie ein Hindernis dafür, dass Moslems Moscheen und Minarette bauen? Die Christen sollen Kirchen mit Glockentürmen haben, und die anderen nicht? Wegen unserer "christlichen Leitkultur"? Religion ist bitte Privatsache, und jeder soll sie in seinem Privatleben praktizieren, wie er sie für richtig hält. Ich bin sicher, da gibt es bei den meisten genug Verbesserungspotential. Ich bin zutiefst misstrauisch gegenüber jeder Missionierung und öffentlichen Zurschaustellung von Religionsausübung.
     
  7. Berthold

    Berthold Gast

    Fortsetzung:

    Ja, das ist die Argumentation. Aber es muss genau so erlaubt sein, nichtchristliche Werte zu verwirklichen und zu propagieren. Anders gesagt: etwas ist noch nicht deshalb gut, weil es christlich ist, zumindest nicht in der Politik und Gesellschaft, ebenso wenig wie in der Wissenschaft! Es braucht immer noch eine Legitimation, eine Überprüfbarkeit von außen. Die Kirche und christliche Religion ist nun einmal ein geschlossenes System, das sich selbst begründet. Das heißt aber auch, dass ihre Regeln und Werte nur intern ohne weitere Begründung gelten können und dürfen! Sollen sie auch außen in Kraft gesetzt werden, dann brauchen sie eine andere, darüber hinausgehende Qualität, sonst sind sie ein religiöser Zwang allen Nichtchristen gegenüber!
    Klar, diese profitieren auch davon, wenn es um Sonntage oder Feiertage geht. Aber selbst für mich als Christen ist nicht einzusehen, warum in den Schulen (so nicht kirchliche Privatschulen) unbedingt Kreuze hängen müssen oder der Standardreligionsunterricht der katholische ist. Oder warum die christlichen Werte die Familienpolitik bestimmen sollen, wenn die Realität schon längst anders ausschaut. Das ist eines der Dinge (neben Ausländer- und Schulpolitik), die ich der ÖVP am meisten nachtrage.

    Soweit es die Menschen persönlich betrifft, gebe ich dir recht, und das ist für mich die große Legitimität des christlichen Glaubens und der Kirche. Allerdings, den Zusammenhang mit dem Staat möchte ich gern gestrichen haben. Staat ist Staat und Kirche ist Kirche, und dabei soll es bleiben.
    Ich weiß, dass das die Argumentation ist - ich war einmal schon fast Theologe.
    Mein Kirchenbegriff ist ein anderer als der offiziell katholische:
    Einmal vom Namen her. "Kyriake" bedeutet auf Griechisch "dem Herrn gehörend". Davon ausgehend kann man sagen, dass alle Gemeinschaften, die an Christus glauben und sich auf ihn berufen, Kirchen sind. Ob nun in der apostolischen Sukzession oder abgespalten ist relativ. Genauso könnten die Protestanten sagen, die Katholiken sind die Spalter und sie die eigentliche Kirche. Und wenn das schon entscheidend ist: warum sind dann die Orthodoxen ebenfalls "Kirchen", mit denen es ebenso ein Schisma gegeben hat?
    Weiters ist für mich ein wesentliches Kriterium die Gemeinschaft, die gemeinsame Feier, das Sozialwesen. Diese Eigenschaft ist bei den Protestanten mindestens genauso vorhanden wir bei den Katholen. Und schließlich würde ich ganz einfach sagen, dass die Gemeinschaft selbst entscheiden soll, ob sie eine Kirche oder "nur" eine Religionsgemeinschaft sein will. Wenn ihr Selbstverständnis das einer Kirche ist, dann ist sie es, und Außenstehenden (wie es die Katholen für die Evangelen nun einmal sind), steht es sicher nicht zu es ihnen abzusprechen! Ein protestantischer Theologe hat es so nett verglichen: Das ist, wie wenn Mercedes VW absprechen wollte, ein Autohersteller zu sein, weil Gottfried Daimler nun einmal der Erfinder der Autos war (sieht man von Marcus ab), und alle anderen sind nur Nachahmer oder Abspalter.
    Und das sind eben nicht nur theologische Spitzfindigkeiten. Es sind Einmischungen, beleidigend für die, die davon betroffen sind. Natürlich kann man sagen, das ist eh alles nur intern katholisch, die sollen sich nicht aufregen. Aber diplomatisch - und christlich! - ist es garantiert nicht.

    Dein letzter Satz drückt mein persönliches Problem mit dem Papst genau aus: er ist Theologieprofessor, also Theoretiker. Er spricht die kirchliche Theorie aus, ohne an die Praxis, an die Menschen und die Wirkung seiner Worte auf sie zu denken. Leider war er Dogmatiker, nicht Pastoraltheologe. Ich würde mir wirklich einen Papst wünschen, der aus der Seelsorge kommt, der nicht jahrzehntelang vorher Professor und dann Kurienbeamter war. Von dem, was die Menschen in der Welt brauchen, versteht er sicher weniger als wir alle hier.
     

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