Die "gute, alte Zeit"

Der erste Golfkrieg und speziell die daraus resultierenden Konflikte zwischen Libyen und Italien mit damals als sehr wahrscheinlich empfundenen Atomschlag der Nato als Antwort von angedrohten Raketen Libyens auf Italien bescherte mir damals aber eine heute noch wirksame, abgeklärte Weltsicht und auch Einstellung zu meinem Leben. Der mir damals nahe scheinende Tod ermöglichte es mir, viele selbstverständliche Dinge als einmalig, da eben letztmalig zu erleben. Die Todesfurcht schärfte meine Sinne. Als dann Tschernobyl in den Medien den Konflikt total verdrängte, hatte ich zumindest für mich persönlich eine glorreiche Zeit, weil ich das Gefühl hatte, überlebt zu haben. Und meine Unwichtigkeit im Leben ist mir seither endlich bewusst und prägt mein Weltbild.
Auch Scheiße damals muss sich nicht für jeden schlecht ausgewirkt haben.

 

Und die Eltern, das habe ich vergessen, sprangen einer nach dem anderen auf den Biozug auf und es gab nur mehr Grünkernlaibchen und Sojagranulat-Fleischersatz. Igitt.
Und wahrlich, Entscheidungen wurden einem abgenommen, zuhauf: Brot kam vom Anker und beim Joghurt konnte man zwischen Noem-Mix und Fru Fru wählen, um nur zwei Beispiele zu bringen.

 

Eh nicht!

 

Aber: Wir campierten in Hainburg und glaubten, die Welt verändern zu können. Detto die Anitfa-Demos und die Student/innenproteste. Ach, das war schon schön, als man sich den Zynismus noch nicht zum Weltbild machen musste.

 

Achso, das war aber Mitte/Ende der 80er, meine Kinderzeit lag in der Kreisky-Ära der 70er, da war noch nix mit Bio!

 

Ich bin in den 70ern geboren, sogar eher am Anfang. Meine Kindheit geht aber auch in die 80er Jahre. Und Sojagranulat mussten wir leider schon ab 1980 essen, wir Armen ...

 

Das blieb mir erspart, wahrscheinlich weil mein Geburtsjahr so tief in den 60ern liegt, dass ich noch die Mondlandung live im (schwarz-weiss!)Fernsehen miterlebt habe (gehört zu meinen ersten Kindheitserinnerungen).

 

Ha, bei mir auch. Allerdings hatten wir ein Röhrenradio, Oma und Opa beugten sich ganz nahe dran an, um alles mitzubekommen und redeten vom Mond und ich wunderte mich, weil der Mond ja oben ist, nicht im Radio Aber ich war auch erst 3, 5 Jahre alt. TV bekamen wir erst, da war ich 9 Jahre alt.

 

Ihr seid ja noch urälter als ich!

 

Wickie, Slime und Paiper, Nipp it (Anker), Doppellaibchen (Anker) Milch in Sackerln (wähhh)

wenig bis kein Fernsehen, im Hof sein, wo wir überall waren stehen jetzt Häuser, nichts als Felder dazumal. um 18 uhr heim, keiner hatte uhr dabei, wir waren immer pünktlich und unsere Eltern wußten nie wo wir waren. Obst gfladdert sowie Mais. Da war die Welt noch in Ordnung. wir waren oft allein, tagsüber und auch nachts und keinem hat es interessiert (damals waren wir beide 7 und 5 Jahre). Heute hast gleich das JA am Hals.

zu Essen gabs nur Packerl zeug, was ich heute hasse und meinen Kinder nicht gebe.

 

Wenn man sich was ausgemacht hat, musste man pünktlich sein. Da gab es kein anrufen, dass man eh gleich da ist. Oder bei einem Treffpunkt, inmitten einer größeren Menschenmenge, musste man sich so finden. Da gab es kein Handy, wo man mal schnell anrufen konnte, wo der andere ist.

Oder ich erinnere mich an die Vierteltelefone mit Wählscheibe, wo man sich die Leitung mit den Nachbarn geteilt hat. Deswegen gab es auch immer die Ermahnungen der Eltern nicht zu lange zu telefonieren, damit die Nachbarn auch durchkommen.

 

Ja,und es war sooo leicht, zu protzen bzw,,seine Zugehörigkeit zu den "besseren Leuten" zur Schau zu stellen: Wir hatten ein ganzes Telefon (!), meine Mutter (die selbstverständlich Hausfrau war) einen Pelzmantel und eine "Bedienerin" und außerdem besaßen wir eine Geschirrspülmaschine und bereits Anfang der 70er einen Farbfernseher. So einfach war das.

 

und dann gabs Nachbarn die den ganzen Tag am Hörer gehängt sind und wir nie erreichbar waren

 

Wenn du vor 1980 geboren bist könnte das folgende etwas für Dich sein:

Wenn du als Kind in den 60er oder 70er Jahren lebtest, ist es
zurückblickend kaum zu glauben, dass wir so lange überleben
konnten!

Als Kinder saßen wir in Autos ohne Sicherheitsgurte und ohne Airbags. Unsere Bettchen waren angemalt mit Farben voller Blei und Cadmium.

Die Fläschchen aus der Apotheke konnten wir ohne Schwierigkeiten öffnen, genauso wie die Flasche mit Bleichmittel.

Türen und Schränke waren eine ständige Bedrohung für unsere
Fingerchen und auf dem Fahrrad trugen wir nie einen Helm.

Wir tranken Wasser aus Wasserhähnen und nicht aus Flaschen. Wir bauten Wagen aus Seifenkisten und entdeckten während der ersten Fahrt den Hang hinunter, dass wir die Bremsen vergessen hatten.
Damit kamen wir nach einigen Unfällen klar.

Wir verließen morgens das Haus zum Spielen. Wir blieben den ganzen Tag weg und mussten erst zu Hause sein, wenn die Straßenlaternen angingen. Niemand wusste, wo wir waren und wir hatten nicht mal ein Handy dabei!

Wir haben uns geschnitten, brachen Knochen und Zähne und niemand wurde deswegen verklagt. Es waren eben Unfälle. Niemand hatte Schuld außer wir selbst.

Keiner fragte nach "Aufsichtspflicht". Kannst du dich noch an "Unfälle" erinnern?

Wir kämpften und schlugen einander manchmal grün und blau. Damit mussten wir leben, denn es interessierte die Erwachsenen nicht besonders.

Wir aßen Kekse, Brot mit dick Butter, tranken sehr viel und wurden trotzdem nicht zu dick.

Wir tranken mit unseren Freunden aus einer Flasche und niemand starb an den Folgen.

Wir hatten nicht: Playstation, Nintendo 64, X-Box, Videospiele, 64 Fernsehkanäle, Filme auf Video, Surround Sound, eigene Fernseher, Computer.

Wir hatten Freunde!!!

Wir gingen einfach raus und trafen sie auf der Straße. Oder wir marschierten einfach zu deren Heim und klingelten. Manchmal brauchten wir gar nicht klingeln und gingen einfach hinein. Ohne Termin und ohne Wissen unserer gegenseitigen Eltern. Keiner brachte uns und keiner holte uns...

Wie war das nur möglich?

Wir dachten uns Spiele aus mit Holzstöcken und Tennisbällen. Außerdem aßen wir Würmer. Und die Prophezeiungen trafen nicht ein:
Die Würmer lebten nicht in unseren Mägen für immer weiter und mit den Stöcken stachen wir auch nicht besonders viele Augen aus.

Beim Straßenfußball durfte nur mitmachen, wer gut war. Wer nicht gut war, musste lernen, mit Enttäuschungen klarzukommen.

Manche Schüler waren nicht so schlau wie andere. Sie rasselten durch Prüfungen und wiederholten Klassen. Das führte damals nicht zu emotionalen Elternabenden oder gar zur Änderung der Leistungsbewertung.

Unsere Taten hatten manchmal Konsequenzen. Das war klar und keiner konnte sich verstecken.

Wenn einer von uns gegen das Gesetz verstoßen hat, war klar, dass die Eltern ihn nicht automatisch aus dem Schlamassel heraushauen.
Im Gegenteil: Sie waren oft der gleichen Meinung wie die Polizei!

 

Hattet ihr auch ein Autotelefon? Mit dem wurde ja oft in Zeiten vor den Handies geprotzt

 

Kenne den Text, allerdings sind in den 70ern die beiden Söhne (waren so 5 und 7, glaube ich) von Bekannten gestorben, weil sie nicht angeschnallt (hat man ja nicht gamacht) amRücksitz eines Autos saßen und bei einer Notbremsung durch die Windschutzscheibe flogen.

 

"schon wieder wird geschossen!" und eine aufregung war das damals. das war, als die kommunisten den staatsstreich wollten (okt/nov. 1950). ich erinnere mich an die grenzkontrollen, wenn wir von unserer siedlung (russisch besetzt) in die staddt (amerikanisch besetzt) wollten. ich erinnere mich, daß wir für ein kilo zeitungspapier einen "dreiradler" bekamen. das war eine semmel mit drei blattln wurst. ich erinnere mich an vieles von damals, das aus heutiger sicht keine goldige vergangenheit war. aber wir hatten trotzdem eine schöne kindheit.

ich habe in den 60ern und 70ern viele jobs gemacht und bin erst spät seßhaft geworden. es war kein problem arbeit zu bekommen. raus aus einem betrieb, rein in den nächsten. die sorge, keine arbeit zu bekommen stellte sich damals nicht. so gesehen wars tatsächlich eine gute alte zeit.

 

Geh bitte, Puschel! Den Schmarrn kennen schon alle.

 

Nein, bitte! Ich schreibe von den frühen 70ern! Also quasi von der Steinzeit!

 

Alles klar, in der Steinzeit gab es noch keine Autotelefone