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Bootcamps und Zwangsentzug für Drogensüchtige

Dieses Thema im Forum "FORUM | Reden wir miteinander ..." wurde erstellt von no-mercy, 19 Juni 2010.

  1. plusminus

    plusminus Gast

    bäh ich hab da mal was im fernsehen gesehen!

    das härteste drogencamp der welt!

    da müssen sich die häftlinge jeden tag ein mal übergeben! sie MÜSSEN!

    sie bekommen irgendeine flüssigkeit mit der gehts besser! das war sooo ekelhaft! und das noch dazu vor extrem vielen schaulustigen! als abschreckung!
     
  2. no-mercy

    no-mercy Fulgurator

    Die Frage ist: Hat es etwas gebracht?
    Ist die Anzahl der Drogensüchtigen geringer, wenn solche Camps drohen?
    Ist die Rückfallquote geringer bei denen die dort waren?

    Das ist das einzig entscheidende. Wenn ein positiver Effekt tatsächlich nachweisbar ist, wäre ich sofort dafür.
     
  3. windfrau

    windfrau Gast-Teilnehmer/in

    liebe kinderstube,

    genau das geschieht eh, schwangere mütter werden stationär aufgenommen allerdings : zwangsanhaltung ist nur bei akuter gefährdung des lebens möglich. das heißt: solange das baby trotzz konsum der mutter nach medizinermeinung nicht akut lebensbedroht ist (nicht suchtbedroht!), besteht- so die mutter verweigert - , wegen dem unterbringungsgesetz keine chance auf "zwangsbehandlung".

    im grund genommen ist die gefährdung des kindes bei aufrechtem konsum medizinisch gesehen trotzdem wesentlich geringer als bei "entzug" der mutter . es wird im gegenteil erst dann für das baby kritisch, wenn die mutter keinen stoff beschaffen kann, also in einen entzug kommt. das ist meistens der moment, wo die mütter dann freiwillig kommen und sich auf methadon umstellen lassen (wollen)

    ein entzug während der schwangerschaft wird von medizinern nicht gemacht, weil absolut kontraindiziert. weil der fötus die entzugserscheinungen intraintrauterin nicht überleben würde, aber intrauterin die entzugssymptome nicht behandelbar ist.

    (die problematik, va. die schmerzen des entzugs, sind bei methadon dieselben wie bei heroin- oder ähnlichen hard-drugs-süchten. ein körperlicher entzug einer als schwer süchtig schwanger gewordenen mutter ist solange die schwangerschaft nicht möglich, daher kontraindiziert.)

    zudem ist die gefahr eines AB zu hoch, da auch der mütterliche körper im entzug extrem belastet wird und das ungeborene nicht ausreichend versorgt wird. das geht erst nach der geburt.

    heißt klartext: die wahl ist: totes kind oder lebendes, schwer süchtiges kind.

    das heißt: die schwangeren müssen auf einer minimaldosierung gehalten werden bis nach der entbindung.
    dazu werden sie auf opiatersatz (methadon oder substitol) umgestellt, da man ihnen schlecht illegale drogen im KH verabreichen kann, und es wird genau beobachtet, ob die dosis paßt oder ob es zu wenig ist und das baby einen entzug bekommt (läßt sich feststellendie symptome von mutter und kind engstmaschig medizinisch monitort) bei bedarf muß die dosis auch erhöht werden.

    entzug kann erst (für mutter und kind) im unmittelbaren anschluß an die geburt beginnen. für beide eine harte sache, härter für das baby, denn es kann null dafür... im endeffekt aber doch besser als ein cold-turkey im mutterleib, den da kann man ihm die scherzen und den streß gar nicht erleichtern.

    eine grausliche geschichte, sowas mitzuerleben....

    liebe grüße, die windfrau
     
  4. windfrau

    windfrau Gast-Teilnehmer/in

    das problem ist, daß die suchtdynamik, speziell die schweren suchtdynamiken, nicht durch abschreckug aller art aufzuhalten sind. es sind ganz andere mechanismen in gang. alle süchte haben für die süchtigen den sinn, ihnen unerträgliche belastungen (im außen:nicht bewältigbar scheinende probleme, im innen: die wahrheit über sich selbst sehen) "wegzukicken". steigt der streß-druck, steigt der druck, das irgendwie von sich "wegzukicken", und der rückfall ist programmiert.

    sogesehen ist die "arbeit" mit "traumatisieren zur abschreckung" nicht zielführend (in einzelfällen mag es funktionieren, das hängt aber von den persönlichen hintergründen ab, aus denen sich die sucht entwickelt hat. diese fälle wären höchstwahrscheinlich in einer klassischen suchttherapie (die ja auch nicht gerade ohne druck arbeitet, aber von der haltung her eben ganz anders ist) ebenso oder nachhaltiger erfolgreich.

    wenn dich das interesiert, gibts viel iteressantes zu lesen bei den einschlägigen suchthilfeinstitutionen. zum beispiel das anton proksch institut. oder auf der HP der promente (suchtprävention)

    fakt ist:
    härte alleine ohne wertschätzung des süchtigen verschärft die sucht im allgemeinen noch.

    die langzeiterfolge von "harten" entzügen ohne sehr sehr viel begleitende, intensive und nachbetreuuende angebote ist sehr sehr gering. geringer als bei "herkömmlichen" therapien, und die sind schon gering genug.

    zudem muß man wissen, daß süchte nicht aus jux und tollerei entstehen, sondern vorgelagert ja störungen (in psyche, in selbstwert, in kindheitsentwicklung, problemanhäufungen, streßsyndrome bis hin zu psychischen erkrankungen), für die suchtmittel (sei es dope, sei es arbeit, oder zucker, oder nikotin) zuerstmal als "versuch einer selbsthilfe" und zeitweilig erstmal symptommindernd wirken und sich erst allmählich eine sucht daraus entwickelt. die vorstellung, man probierts aus jux mal so aus, ist zwar weit verbreitet, aber falsch. vom ausprobieren alleine ist einer nicht so schwer süchtig. aber der grund warum ers ausprobiert, und nochmal, und nochmal, hat seine ursachen, und solange die nicht bearbeitet werden, solange bleit die sucht. da kannst du mit reinem umkonditionieren nix machen.

    und die erfolgsquote von professioneller "klassischer" suchtberatung ist auch überall DORT gering, wo keine eigenmotivation in ausreichendem maß zustandegekommen oder aufbaubar ist. diese motivation muß halten. und extremdruck oder abschreckung/angst hält auf dauer nicht.
    (angst erzeugt craving. wenn die psychischen selbstreparaturmechanismen die erinnerungen an den schrecken "entschärft" haben (und das tun sie), dann ist der rückfall da, weil der angst/craving/flucht-druck die abschreckungs/erinnerungs/"nie wieder"barriere überspringt...da capo


    liebe grüße, die windfrau.
     
  5. Kaktusbluete

    Kaktusbluete Matriarchin aus Leidenschaft
    VIP: :Gold

    Der Zweck heiligt die Mittel?

    lg irene
     
  6. windfrau

    windfrau Gast-Teilnehmer/in

    abseits der drogenfrage - zu der hab ich mich eh schon geäußert, ist mir eins noch wichtig:

    du weißt aber schon, daß in den amerikanischen erziehungslagern neben suizidversuchen oder suiziden etliche (übersignifikant häufig) fälle von "provozierten" unfällen gegeben hat (soferne es nicht folgen von mißhandlungen waren auch das kam vor), um sich irgendwie schwer genug zu verletzen, um dann ins krankenhaus eingeliefert werden zu müssen.

    das haben die kids nicht getan, um sich im krankenhaus schöne tage zu machen, sondern weil sie wußten, daß sie nach solchen vorfällen nicht ins camp zurück dürfen, sondern ihre haftstrafe im gefängnis absitzen "durften". und das war für sie die bessere variante...

    sogesehen denke ich mir, hier unterscheiden sich deine (unsere) theoretischen fern-einung(en) und vorstellungen, was "besser" ist, recht dramatisch von den einschätzungen und erfahrungen der in der praxis und eigenleiblich betroffenen.

    gewiß wird es auch von camp zu camp unterschiedlich sein je nach dem unterhalter der einrichtung, der gegend (in redneck-gegenden weiß ich nicht, wies da ausschauen mag, während es in einrichtungen, die gemäßigter und mit sehr hohem professionellem betreuugsschlüssel arbeiten, vielleicht auch besser und sinnvoller laufen kann.

    wie gesagt, diese survivalcamps und wildniscamps sind anders und sicher sinnvoller.

    mir ists wichtig, diese beiden ansätze wirklich weit weit auseinanderzuhalten, wegen des gravierenden unterschiedes: persönlichkeit brechen oder auch extrem schwierige menschen als menschen akzeptieren.

    aber für die von dir gemeinten boot-camps sind die berichte, interviews, studien und evaluierunge in den fachzeitungen (die das ja auch diskutiert haben) nicht ermutigend und sprechen nicht von erfolgversprechenden ergebnissen.

    liebe grüße,
    die windfrau
     

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