1. Reden wir miteinander ...

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12h Arbeitstag

Dieses Thema im Forum "FORUM | Reden wir miteinander ..." wurde erstellt von no-mercy, 3 April 2014.

  1. anna-mari

    anna-mari Gast-Teilnehmer/in

    Ich glaube, wir reden aneinander vorbei. Um "Titel" ging es mir weniger.
     
  2. KittyMe

    KittyMe eat me
    VIP: :Silber


    Dafür müsste man jetzt mal definieren, von welcher Ebene wir sprechen. Meines Wissens nach bist du ja selbstständig. Bei Angestellten herrscht meiner Erfahrung der meiste Druck im Mittelfeld.

    Ein Beispiel aus einem mir bekannten Betrieb. Jeder Vorstand kann sein Gehalt selbst bestimmen, ohne Offenlegung oder irgendeine Kontrollinstanz, einfach nach persönlichem Empfinden. Auf der anderen Seite musste ein kleiner Angestellter den Kostenersatz für eine zerbrochene Tasse bis zum Betriebsrat anfechten. Es geht nicht nur um Arbeitszeit, es geht um eine allgemeine Schieflage in der Arbeitswelt, eigentlich sogar gesamt gesellschaftlich.
    In dem Unternehmen, in dem ich begonnen habe zu arbeiten, gab es einen alten Chef, zugleich Gründer. Der ist durch seine Firma gegangen und hat jedem die Hand geschüttelt, hat jeden Namen gekannt, gewusst was jeder einzelne dort macht. Wertschätzung schafft eine Verbundenheit zum Unternehmen, steigert die Leistungsbereitschaft. Mittlerweile habe ich das Gefühl, jeder arbeitet nur noch für gierige gesichtslose Apparate, die 'Gewinnmaximierung' und 'Wachstum' schreien.

    Aber nachdem ich eine dieser super lässigen 60h Wochen hinter mir habe, die ja so ein Segen für die Arbeitswelt sind, und mein Kind gerade ein Mittagsschläfchen macht, werde ich mich nun ausklinken und es ihm gleichtun.
     
  3. anna-mari

    anna-mari Gast-Teilnehmer/in

    Habe halt diverse Angestellte und kenne einige Personen in unterschiedlichen Leitungs- bzw. Führungspositionen in verschiedenen Branchen.
    Ich bestreite auch nicht, dass es Deine beschriebenen Situationen gibt. Mir sind diese Aussagen nur ein wenig zu pauschal.
     
  4. anna-mari

    anna-mari Gast-Teilnehmer/in

    Wir reden wirklich aneinander vorbei. ;)
     
  5. no-mercy

    no-mercy Fulgurator

    genau hier gehört angesetzt. 12h pro Tag: Why not? wöchentliche Höchstarbeitszeit hochsetzen? Never ever.

    Branchen, die sich schon jetzt an keine Wochenhöchstarbeitszeiten halten, werden ohnehin nie von irgendeinem Gesetz beeindruckt sein. Da muss man sowieso ganz woanders ansetzen. Die 12h pro Tag würden dort helfen, wo durchaus der Wille zu Gesetzestreue vorhanden ist, nur die Arbeitsrealität mit 10h nicht mehr stimmt.

    hier wirfst du ein paar sehr unterschiedliche Dinge in einen Topf. Da Filialleiter im Handel fast überall bereits umsatzbeteiligt sind, gibt es da durchaus welche, die in den obersten Percentilen der Einkommen anzutreffen sind und wahrlich wenig mit der bemitleideten 20h Kassakraft mit KV-Gehalt gemeinsam haben.
    Diese Situation ist doch schon längst eingetreten. Nennt sich Globalisierungsfolgen und haben wir in Ö zu einem Gutteil auch der EU zu "verdanken". Es gibt faktisch kaum mehr eine Branche wo du beliebig kündigen und gleich wieder einen adäquaten Job finden kannst.
     
  6. Privatrice

    Privatrice Gast-Teilnehmer/in

    Es geht doch beim sozialen Frieden nicht darum, dass es den Topperformern schlechtgehen soll, sondern dass das Gros der Menschen eine faire Möglichkeit hat über die Runden zu kommen.

    Leben-und Leben lassen.
     
  7. no-mercy

    no-mercy Fulgurator

    Wo habe ich diese Gruppen gleichgesetzt?
    Doch, Mittelmäßigkeit ist der größte Feind des Besseren. Wer von den Leuten, die zu den Top10% gehören können, wollen Mittelmäßigkeit? Das ist doch kein Ziel für ambitionierte Menschen und nur solche treiben das System noch an bzw sorgen für die Innovation und Power, dass es überhaupt noch Arbeitsplätze und florierende Wirschaft gibt. Mit Menschen, die sich mit Mittelmäßigkeit zufrieden geben, kannst du nichts gewinnen. Weder Spiele, noch Aufträge.
    Kunststück. Richtig wohlhabend schafft man es doch kaum in Österreich aus eigener Kraft zu werden. Dementsprechend Neid auf nichts, ist schwierig. Deshalb ist ja der Neid auf andere Aspekte, weil materiell ist in Ö nichts zu holen.

    OK, aber die Problematik, die wir in Ö haben, ist die, dass es den Topperformern einfach unverhältnismäßig mies geht. Jedem Topperformer (siehe auch die postings von kittyme) weiss, dass die Zeit nur kurz ist. Das ist wie bei Spitzensportlern. Man hat nur einige Jahre um wirklich abzucashen bevor einen die eigene Leistungsfähigkeit sowieso in die Mittelmäßigkeit zurückzieht. In anderen Ländern reichen diese wenigen Jahre eben um ein Leben lang einer entsprechend gehobeneren Schicht anzugehören. In Ö jedoch reicht es nicht.
     
  8. anna-mari

    anna-mari Gast-Teilnehmer/in


    Gibt aber auch Top Performer, die länger tätig sind. Nur weil man 50 wird, ist man nicht heraus aus der Wirtschaftswelt. Und auch nicht degradiert im Job. Auch da gibt es viele Gegenbeispiele.
    Gehe jetzt aber erstmal Top Performer googeln.
     
    #68 anna-mari, 6 April 2014
    Zuletzt bearbeitet: 6 April 2014
  9. DerStefan

    DerStefan Gast-Teilnehmer/in

    nein nein, wir sind inzwischen mehr & länger.

    warum?
     
  10. Privatrice

    Privatrice Gast-Teilnehmer/in

    Ganz ehrlich, ob es vielleicht dem gerade vom Topperformer für entbehrlich erklärten 50jährigen, der sich am Arbeitsmarkt nicht einmal mehr verramschen lassen kann nicht noch mieser geht?

    Denn das Problem, dass -gerade wenn man eine Zeitlang auf Hochtouren gelaufen ist und alles 200%ig machen wollte/musste-irgendwann die Luft raus ist, ist nicht nur auf Topperformer beschränkt, das zieht sich durch alle Berufsgruppen. Bei den meisten ist natürlich von vornherein klar, dass sie trotzdem irgendwie weitermachen müssen, bis 65 (67? 70?), egal wie sie es anstellen.

    Vielleicht wollen eigentlich alle in Wahrheit nur möglichst bald raus aus der Tretmühle und dient die ganze Plackerei vielleicht gar nur dem Ziel, endlich mehr Freizeit zu haben :whistle:?
    Denn auch wenn die finanziellen Möglichkeiten hier offensichtlich zu beschränkt für richtigen Neid zu sein scheinen, Freizeit wird einem wohl tatsächlich am meisten geneidet.
     
  11. no-mercy

    no-mercy Fulgurator

    Genau da sind wir jedoch am Punkt. Mittelmäßige Einkommen verlagern das Problem nur in eine spätere Lebensphase.


    Jetzt verstehe ich endlich, welche Sichtweise ich dir noch nicht verständlich erklärt habe, weil das was du hier schreibst, unterschreibe ich sofort.

    Ich sehe es so: Du kannst realistisch betrachtet nur ca. 20 maximal 25 Jahre als Topperformer auftreten und danach wirst du gnadenlos ausrangiert. Das sehe ich als nichtänderbare Tatsache des weltweit vorherrschenden Wirtschaftssystems an. Dementsprechend ist es von vitaler Bedeutung in dieser Zeit KEIN mittelmäßiges Einkommen zu haben, sondern soviel anzuhäufen, dass man entspannt dem Zeitpunkt der "Verabschiedung" entgegen sehen kann. Genau hier kritisiere ich das österreichische System, das es nicht einmal mehr Topleuten ermöglicht sich selbst zu retten, sondern alle dazu zwingt mit ca 50 pseudodankbar in AMS Büros rumzusitzen und sich erklären zu lassen, dass adäquate Jobs sowieso nicht verfügbar sind und wie toll nicht das Sozialsystem ist, das ihnen nun ein paar Euros zukommen lässt. Das selbe System, das verhindert hat, dass sie unabhängig von diesen Almosen wären.
     
    hanna59 gefällt das.
  12. Privatrice

    Privatrice Gast-Teilnehmer/in

    Keiner möchte gerne beim AMS herumsitzen und auf Jobangebote warten, die niemals kommen werden, das ist schon klar.
    Ich kann mir schon vorstellen, worauf es hinausläuft-dass man das Soidarsystem mehr oder weniger abschafft, die Abgaben drastisch reduziert und jeder versucht, sich so gut als möglich abzusichern, um ab einem gewissen Alter nicht mehr von einem Arbeitsplatz abhängig zu sein.

    Hier sehe ich aber etliche Probleme: zunächst, dass genau die Gruppen, die jetzt Juhuu schreien würden weil sie nicht mehr beim blöden AMS vorsprechen müssen diejenigen sein werden, die eine böse Überraschung erleben und dann feststellen würden, dass sie es vorher trotzdem besser hatten, denn ich sag es jetzt ganz brutal, viele waren immer schon finanziell schwach auf der Brust, sind es und werden es immer sein.
    Die können nichts anhäufen, selbst wenn sie überhaupt keine Abzüge hätten. Und die Tendenz geht ganz bestimmt nicht in Richtung besserer Bezahlung und attraktiverer Jobs, ganz im Gegenteil.
    Um aber 20, 30 Jahre zu überbrücken oder auch nur aufzufetten braucht man sehr hohe Summen.


    Das zweite Problem das ich sehe ist, dass es hier um Dekaden und ganze Erwerbsbiografien geht-die einen haben die 50 schon fast erreicht und können die Turbojahre nicht mehr nachholen. Die anderen können beginnen etwas anhäufen, müssen sich aber fragen, ob sich das Veranlagte über etliche Dekaden auch "hält", denn ich glauben, es gibt keine ewig lange Periode, in der man nicht irgendwann wieder auf Null gesetzt war, weil es krachte, und ob der Staat als Garantietrottel noch etwas taugt wenn er ausgehungert wird ist fraglich.

    Unabhängig von Almosen ist nur der, der sich selbst erhalten kann. Wie das bei schwindenden Arbeitsplätzen und Löhnen gehen kann ist unklar.

    Was die Topperformer angeht, so wäre es eventuell eine Möglichkeit, für gewisse Arten der Beschäftigung ein "Opting-Out" anzubieten, man sich die Abgaben sparen, scheidet allerdings aus dem Solidarsystem aus-ohne Rückkehrmöglichkeit, denn manche sind auf den Geschmack gekommen, später einmal treuherzig zu erklären, mittellos zu sein und alles Mögliche dann doch in Anspruch zu nehmen, wobei das Vermögen unangetastet bleibt, denn gerade die Sozialversicherung behandelt Vermögende relativ schonend (Mindestsicherung ist da schon ganz was anderes).
     
  13. no-mercy

    no-mercy Fulgurator

    Du übersiehst bei dieser Variante einen Aspekt: Das System würde zusammenbrechen, weil diese opting out Möglichkeit v.a. von denen ergriffen werden würde, die unverhältnismäßig viel einzahlen. Wenn diese aus dem System aussteigen hast du erst recht das große Chaos.
     
  14. no-mercy

    no-mercy Fulgurator

    das möchte ich extra zitieren und beantworten.
    Ich denke, wir sehen die Entwicklung sehr ähnlich. Ich bin jedoch etwas radikaler weil ich keine besseren realistischen Lösungen sehe.
    Ich sage es auch brutal: Ja, es werden verdammt viele Leutchen über die Klinge springen, aber im Endeffekt ist es das "klassische Ballonproblem". Alle an Bord stürzen sicher ab, wenn das Gewicht nicht massiv reduziert wird. Daher: Wer geht über Bord oder stürzen alle solidarisch gemeinsam ab?
     
  15. Privatrice

    Privatrice Gast-Teilnehmer/in

    Nein, der Aspekt ist mir schon bewusst. Ich sehe vor meinem geistigen Auge auch schon haufenweise Anwälte, die mit diversen Winkelzügen ihren Klienten dann sehr wohl Zugang zum Solidarsystem

    verschaffen möchten. Das ist eine sehr heikle Geschichte.

    Aber ich hätte das sowieso nur für einen sehr eingeschränkten Personenkreis angedacht.

    Andererseits fiele dann auch die steuervermindernde Wirkung der SV-Beiträge weg. Und die ist nicht ohne.
    Private Vorsorge könnte nur mehr sehr rudimentär, wenn überhaupt, abgesetzt werden.
    Da gäbe es schon einiges, das letztendlich den Verlust ein wenig abfangen würde.

    Edit: wobei-ich weiß, wenn es zuviel Steuer wird dann gefällt es den Betreffenden nicht mehr bei uns und sie verlassen uns.
     
    #75 Privatrice, 7 April 2014
    Zuletzt bearbeitet: 7 April 2014
  16. Privatrice

    Privatrice Gast-Teilnehmer/in

    Ich verstehe nicht, wieso man nicht von der anderen Seite gegensteuern kann und das Wirtschaftsystem, das alles so verschärft und auf die Spitze treibt ein wenig zähmt. Sicher kann das kein Staat allein, und den Standard von heute werden wir nicht mehr für alle halten können aber ich denke, es ist besser, die Reglementierung kommt von oben als sie kommt eines Tages von unten.
     
  17. no-mercy

    no-mercy Fulgurator

    erscheint mir zu komplex um es realistischerweise umsetzen zu können. Besser ein System für alle. Ob das dann mehr oder weniger neoliberal ist, kann diskutiert werden.
    ad edit: genau das ist derzeit das große Problem. Der Braindrain wird immer schlimmer. Deshalb plädiere ich ja für ein cut, auch wenn da einige ins Straucheln kommen, aber jahrzehntelang zusehen, wie die Substanz der Bevölkerung davonzieht, führt auch zum Kollaps.

    Wie soll das funktionieren? Politik hat keine Einflussmöglichkeiten mehr, sondern Statthalterfunktion.
    Keine Angst, die Reglementierung kommt schon die ganze Zeit von oben. Derzeit ist das Ziel möglichst lange ein bißchen Zufriedenheit zu erzeugen, weil dann die Politiker Frieden und die Konzerne Konsum haben.

    Aber zurück zur Frage des Machbaren: Wieviele Politiker denkst du, sind wirklich unbestechlich? Wieviele Politiker haben nicht ein paar Leichen im Keller um das zu werden, was sie nun sind und sind daher unerpressbar?
     
  18. piscisrabida

    VIP: :Silber

    die marktwirtschaft wurde zu einer marktgesellschaft, die gängige werte und ethik neu definiert.
    der wert eines menschen wird an seinem ökonomischen nutzen gemessen, und das ist brandgefährlich.
     
  19. anna-mari

    anna-mari Gast-Teilnehmer/in

    War das nicht während der Industrialisierung die ganze Zeit so?
    Und die geht ja mittlerweile auch recht weit zurück.
     
  20. no-mercy

    no-mercy Fulgurator

    ok, und nun?

    PS: gefährlich für wen?
     

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