Wenn man in einer ungeliebten Union ist ...

Gestern diskutierten in der Bim eine schon ziemlich greise Gruppe über das Votum Schottlands. Zuerst wägte man Wahrscheinlichkeiten ab, bevor man die EU ein wenig beschimpfte, bis eine der Frauen schließlich argwöhnisch ausrief: Mir wäre das alles ja egal, aber am Ende wollen die Schotten sicherlich wieder zu uns kommen.
Nur mit Mühe konnte sie davon überzeugt wurden, dass das nicht zur Debatte steht. Mein persönliches Highlight in dieser Causa.

 

Ein Resultat von 45 zu 55 % ist nicht gerade dazu geeignet, die Menschen dauerhaft zufrieden zu stellen. Die Briten werden sich hoffentlich etwas einfallen lassen, um ihre Union auch langfristig behalten zu können.

Das erste Land, das innerhalb der EU abspringen wird (und danach mit Handkuss in der EU behalten werden wird) wird vermutlich Katalonien sein. Die Spanier haben nämlich auch so eine unschlaue Integrationspolitik.

 

Demokratie ist die Diktatur der Mehrheit...

 

Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

Monarchie ist die Diktatur einer Familie
Diktatur eines einzelnen
Anarchie eines jeden oder keinen

 

Wenn ich mir vorstelle, wie man bei uns mit einem Ergebnis 55/45 umgehen würde (nämlich in der kompletten Ignoranz gegenüber den knapp Verlierenden, siehe Wehrpflicht u.a.) scheint die britische Regierung zumindest jetzt den Schotten, Walisern und Nordiren entgegen kommen zu wollen. So sollte man Demokratie leben.

Im konkreten Fall scheint auch die Monarchie genau die richtigen Worte zu finden:

After many months of discussion, debate, and careful thought, we now know the outcome of the Referendum, and it is a result that all of us throughout the United Kingdom will respect.

For many in Scotland and elsewhere today, there will be strong feelings and contrasting emotions – among family, friends and neighbours. That, of course, is the nature of the robust democratic tradition we enjoy in this country. But I have no doubt that these emotions will be tempered by an understanding of the feelings of others.

Now, as we move forward, we should remember that despite the range of views that have been expressed, we have in common an enduring love of Scotland, which is one of the things that helps to unite us all. Knowing the people of Scotland as I do, I have no doubt that Scots, like others throughout the United Kingdom, are able to express strongly-held opinions before coming together again in a spirit of mutual respect and support, to work constructively for the future of Scotland and indeed all parts of this country.

My family and I will do all we can to help and support you in this important task.

ELIZABETH R.

Quelle: http://www.royal.gov.uk/LatestNewsa...ueensmessagefollowingScotlandsreferendum.aspx​

Und betreffend der Beurteilung von Demokratie kann man sich sowieso nur Churchill (auch ein Brite) anschließen.

 

Ich bedauere zutiefst, dass das Selbstbewusstsein der Schotten nicht ausgereicht hat sich loszusagen.
Wirtschaftlich wären sie super dagestanden. Einem zweiten Norwegen wäre nichts im Wege gewesen.
Leider hat die Angstkampagne der letzten zwei Wochen Erfolg gehabt, weil die Gegenargumente den Leuten zu komplex waren. Zu sagen "ihr verliert eure Arbeit" oder "Das Pfund lassen wir euch sicher nicht" ist halt simpler als zu argumentieren warum das nicht passieren wird bzw beim Pfund, warum das gar nicht in der Macht der Briten liegt.

Ich hätte mir gewünscht, dass die Schotten sich lösen, dann wäre GB sehr sicher aus der EU ausgeschert und mit etwas Glück Bewegung in die "unkündbaren" Verträge wie ESM und Co gekommen.

 

Selbst wenn nicht, so haben sie möglicherweise erreicht, dass auf ihre Belange mehr Rücksicht genommen wird.
Es ist allemal besser als die beiden Extreme-ertrotzte Abspaltung oder stumpfes Hinnehmen.

Vielleicht sollte man die "Bewegung" in andere Verträge hineinbringen, indem man höflich und voller Respekt erklärt, dass gewisse Aspekte ohne Selbstdemolage einfach nicht durchführbar wären.