London

Ich denke, dass Krawalle wie in London zwar bei uns auch möglich sind, aber zur Zeit eher unwahrscheinlich, weil der Sozialstaat viel stärker ausgebaut ist, es gibt weniger Jugendarbeitslosigkeit also auch ein geringeres Potential an "angry young men".

 

Ich denke in Wien ist es in manchen Statdteilen durchaus möglich. Die Zeit ist zwar noch nicht reif wie in UK, aber das kommt noch.

 

in paris gabs ja auch eine zeitlang krawalle. sowas ist ganz normal wenn die bevölkerung unzufrieden ist und sich luft macht. die frage ist nur wie die regierung darauf reagiert. da besteht jetzt handlungsbedarf.
in wien könnte unter gewissen umständen sowas natürlich auch passieren. aber davon sind wir derzeit zum glück noch weit entfernt.

 

warum sollte es nicht möglich sein bei uns? nur wie die user vor mir schon richtig sagten, die zeit ist bei uns noch nicht gekommen, aber ich finde sie entwickelt sich teilweise in eine sehr bedenkliche richtung.

 

Ich finde die Wahrscheinlichkeit, dass so was passiert immer schwierig einzuschätzen.
Meine Mutter ist ganz betroffen, sind tlw. Gegende ganz nah wo wir gewohnt haben als ich sehr klein war (jetzt wohnen meine Eltern in Irland).
Ich sehe es eigentlich so wie Birke, aber diese Entwicklungen sind unberechenbar.

 

Ich denke auch, das solche Dinge nicht berechenbar sind.
Bin ganz betroffen, vor allem auch weil schon 10jähr. dabei sind.

Und grad irrsinnig frustriert, weil wir heute unsere ab morgen geplante Londonreise wegen der Ausschreitungen storniert haben.

LG
Manuela

 

Ich kopier mal den Teil, wo ich es meiner Schwester erklärt habe (Hab über 2 Jahre in East Dulwich gelebt und hab da noch einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, ED grenzt direkt an Peckham):

'Naja das Peckham mitzieht war irgendwie klar.. also es hat mich nicht gewundert..auch nicht das es auf ED geschwappt ist..
ich mein der unterschied is ja auch krass..
in ED alles sauber, ordentlich, große häuser, so gut wie keine hochhäuser bzw blocks, fast alle weiß und gebildet mit musterkindern, cafes wo die 1. Mamas die 40 sind, vegan and organic leben, deren Kinder komische Namen haben und die sich mit ihren Freundinnen auf ein Täschen Tee treffen und nebenan Peckham, wo du dein Gemüse/Obst entweder im Billigdiscounter oder direkt von nem Straßenladen kaufst, fast alle schwarz, viele familien ohne väter, die kids haben keinen bock auf schule und schließen sich der nächstbesten gang an (vor einiger Zeit haben sie einen 14jährigen vor der Bücherei abgestochen), fast nur Hochhäuser, keine Kohle, keinen Bock auf nix..
Klingt furchtbar nach vorurteil, aber irgendwie war es zumindest für mich immer ein riesen unterschied, wenn ich in peckham war, ganz anders halt.'

Es ist einfach so, das Gefälle zwischen arm und reich ist gerade an dieser Knickstelle besonders groß und auffällig, die Gangs sind auch letzte Nacht nach ED rüber, haben u.a einen Supermarkt, ein Kiosk und 2 Apotheken geplündert, Fenster von einem Pub eingeschlagen usw.
Momentan verbarrikadieren alle ihre Läden (die Polizei geht gerade rum, um die Leute heim zu schicken.) und hoffen auf das Beste (derweil sprechen sich Jugendliche per Blackberry ab um gezielt bestimmte Läden zu attackieren..was hoffentlich verhindert werden wird, sind wohl Polizisten aus Wales vor Ort und an der Polizeistelle von ED wimmelt es nur so von Einsatzwagen.)


Dazu kommt einen wirklichen Grund haben die meisten eh nicht, ist halt cool, wie man hier hören kann:
http://audioboo.fm/boos/434411-leana-hosea-speaks
"...yeah it's them innit, whoever it is, it's THEIR fault"
" Yer, good fun, got a couple of free fings."
"Showin' the rich people/police we can do wot we like."

Ich finde es furchtbar und auch furchtbar, dass nicht hart durchgegriffen wird, wenn teilweise 20 Polizisten gegen einen Mob von Jugendlichen antreten sollen, ist doch klar, dass sie keine Chance haben und das den Mob noch mehr anstachelt 'we can do what we like..'.

 

mir ist schon vor über 15 jahren während meiner damals mehrmaligen aufenthalte in gb aufgefallen, dass die männlichen "jugendlichen" (ich würde mal schätzen so zwischen 15-ende 20 waren die) ein deutlich gesteigertes gewaltpotential hatten, das auch ziemlich schnell zu "entfachen" war. auch die fussballfans waren damals schon gefürchtet, die ausschreitungen "legendär" (im negativen sinne). die wirtschaftlichen/sozialen probleme gab es in gewissen gegenden ebenfalls schon vor über 15 jahren und es ist nie besser geworden, man kann gb überhaupt nicht mit mitteleuropa vergleichen, das (über)leben dort ist um etliches härter.

 

Stimmt ja gar nicht. Das soziale Netz ist sogar sehr weit gespannt, nur kommt man fast nicht mehr raus. Einmal ""council estate", dann für immer. Überleben ist in Österreich um einiges härter. Fängt schon damit an, dass Sozialhilfe in Östereich eine Leihgabe und kein Recht ist. Das ist in GB nicht so. Noch hat man in Ö ein Recht auf Unterkunft, in GB sehr wohl. Kinder bis 18 bekommen in GB Zahnregulierungen, Brillen, Medikamente und einiges mehr umsonst. Wer Sozialhilfe erhält, bekommt gratis Milch in einem Ausmaß, dass sogar für heftige Milchtrinker nicht zu verzwicken ist. Frauen haben einen Anspruch auf gratis Zahnsanierung während und ein Jahr nach der Schwangerschaft.
In harten Zeiten ist Überleben in UK leichter als in Ö. Wheeling und Dealing hilft auch. Ich habe es ausprobiert. Kein Vergleich. Ich geh lieber in GB pleite als hier.

 

Mit dem Sozialsystem dort kenne ich mich nicht aus, aber ich habe in der Nähe eines Ghettos gewohnt und sowas gibt es in Wien nirgends und dort gab es etliche davon. Dazu die Eskalationen, wenn man nachts unterwegs war - pfuh. Das Frustrationslevel dort ist enorm hoch, wenn das Sozialsystem so gut ist, dann frage ich mich ernsthaft weshalb. Pleite gehen würde ich persönlich nirgends wollen, aber leben ganz bestimmt nicht in GB, somit auch dort nicht verelenden.

 

Das soziale Gefälle ist sehr steil. Das führt zu Unzufriedenheit. Man kann Menschen nicht ohne Perspektive, wie Tiere mit dem Minimum an Lebensnotwendigkeiten, am Leben halten. Gäbe es Jobs und Möglichkeiten sehe das ganz anders aus. Aber ganze Generationen auf Benefit zu halten kann nur nach hinten los gehen.
Leben in GB ist wunderschön. Man verarmt nicht zwingend.
Bezüglich Gettos: Großfeldsiedlung oder Rennbahnweg ist Dir bekannt? Oder manche Straßenzüge im 10ten oder entlang des Gürtels? Es ist die Relation. Wien braucht keine Satellitenstädte, damit es knallt.

 

Natürlich kenne ich auch die Gegenden in Wien, bin ja hier geboren und groß geworden und das nicht im Elfenbeinturm.
Für mich sind die von dir genannten Siedlungen/Straßen, aber kein Vergleich zu den Ghettos die ich in GB gesehen habe, der Atmosphäre dort.

 

UK ist aber nicht nur Großstädte. Und die Atmosphäre ist in UK Gettos ist sicher genauso prickelnd wie in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Ungarn, Österreich oder sonstwo. Ich denke, da ist schon viel "Insel der Seeligen"-Denken vorhanden.

 

Meine Freundin wohnt Holland Park/Notting Hill Gate also nicht gerade in einer "schlechten" Gegend, trotzdem kam gestern in ihrem Lieblingspub einiges zu Bruch, wobei auch Gäste bedroht wurden. Gsd ist sie dzt im Ausland, aber sie war heute ziemlich fertig....

 

Klar, das ist ein urbanes Problem, zum ländlichen Bereich in GB kann ich jedoch nix schreiben, da ich dort nie war.

Nein, bei mir ist es der direkte Vergleich, der mich sicher sein lässt, dass die Ghettos in GB eine Härteklasse für sich sind, allerdings durchaus mit denen in Frankreich zu vergleichen, jedoch nicht mit den problematischen Gegenden in Wien. Bei Deutschland traue ich mir kein Urteil zu, Berlin-Neukölln war zwar kein "Lercherlschas", aber noch packbar, weiter nach Osten hin bin ich nicht gekommen. Darum eben - keine Ahnung.

 

Ich mein ganz naiv, dass der Mangel an Schönheit und Natur diese Menschen so zornig und verhaltensgestört macht. Ich bin null esoterisch, glaube aber fest, dass z.b. der Sternenhimmel in Cornwall, harte Arbeit am Land, am Atlantik und die Nähe zu Natur viel richten könnte. Sinn, Hoffnung und Leben in kleinen Schritten.
Die sind Viecher im Käfig.

 

Ich sollte das gleich wieder löschen, so blöd klingt das.

 

Ja, das kann ich mir vorstellen. Über Notting Hill gab es heute in der FAZ einen Erlebnisbericht:
http://www.FAZ.Net/-0225ic

 

Zum Brandschatzen u Randalieren braucht man nicht viele, va wenn es an verschiedenen, schnell wechselnden Orten passiert.

Ich glaube, dass man eine gewisse Gruppendynamik nicht unterschätzen darf u ich vermute, dass die Wiener Polizei mit einer solchen Situation ebenfalls vollkommen überfordert wäre.

Was mir va Sorge bereitet, ist die Wirkung auf andere Großstädte (va Paris).