1. Reden wir miteinander ...

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Gibt es eine Grenze?

Dieses Thema im Forum "FORUM | Reden wir miteinander ..." wurde erstellt von cestlavie, 17 November 2013.

  1. cestlavie

    cestlavie Gast-Teilnehmer/in

    Das Wissen der Menschheit nimmt exponentiell mit der Zeit zu, d.h. die Rate, mit der das Wissen wächst, ist proportional zum vorhandenen Wissen. Zur Wissensmehrung braucht es dabei nicht nur "Entdecker", sondern auch "Aufbereiter", die die neuen Erkenntnisse der "Entdecker" so aufbereiten, dass es für neue Generationen innerhalb der menschlichen Lebensspanne möglich ist, bis an die (Teil)Grenze des Wissens vorzustoßen und diese zu erweitern.

    In der Geschichte der Menschheit sind sicherlich die Erfindungen des gesprochenen und geschriebenen Wortes die Errungenschaften, die durch Weitergabe von Erkenntnissen an die nächste Generation die wesentlichsten Grundlagen für die stete Wissensmehrung gelegt haben. Daneben waren es die Entwicklungen der wissenschaftlichen Methodik und der Mathematik, die ein solides Fundament für einen nachhaltigen Wissenszuwachs legten. Neben den großen, weithin bekannten Entdeckungen eines Keplers oder Newtons war der Fortschritt auch immer wieder der mühseligen Arbeit beinahe in Vergessenheit Geratener geschuldet, wie beispielsweise Tycho Brahe oder Legendre. Letzterer erstellte mit heute kaum mehr vorstellbarem Aufwand in mehrjähriger Kopfrechnenarbeit Tabellenwerte elliptischer Funktionen. Diese Tabellenwerke erleichterten (bzw. ermöglichten erst) wiederum die Arbeit zukünftiger Generationen enorm, und viele solcher Arbeiten ermöglichten schlussendlich die Konstruktion elektronischer Rechenmaschinen. Mit Hilfe dieser wurden wiederum Aufgaben lösbar, die den Menschen allein vor kaum überwindbare Schwierigkeiten stellen würden - ganz so, wie die Entwicklung primitiver Werkzeuge die Schaffung immer ausgeklügelterer Werkzeuge ermöglicht hat.

    In der Geschichte gab es natürlich immer wieder Hindernisse, deren Überwindung nicht gewiss schien - so ist es nicht selbstverständlich, dass die ersten Computer ohne Computer entwickelt werden konnten; die Dampflokomotive hatte solch einen schlechten Wirkungsgrad, dass es beinahe nicht ausreichte, sie in Bewegung zu setzen; eine Reise zum Mond wurde noch in den Fünzigern von führenden Himmelsmechanikern als völlig illusorisch hingestellt; die atomaren Kernkräfte galten noch Anfang der Siebziger als zu kompliziert für den menschlichen Geist.

    Nun scheint die Annahme vernünftig, dass die Geschichte nur über bereits erfolgreich bewältigte Herausforderungen ein abschließendes Urteil zu fällen erlaubt - der Anfang der Siebziger von Nixon ausgerufene "War on Cancer" kann beispielsweise weder als gewonnen noch als endgültig verloren angesehen werden. Heute gelten die Fragen nach dem Ursprung des Universums, dem Beginn des Lebens und dem menschlichen Bewusstsein als die größten ungelösten Mysterien.

    Wenn ihr einen kühnen Blick in die ferne Zukunft riskieren solltet: Was würdet ihr glauben.....

    Gelangt die Menschheit eines Tages an eine unüberwindbare und endgültige Erkenntnisbarriere?
    Oder wird sich die Menschheit (zuvor) selbst auslöschen? (Die Entdeckung der Kernkräfte gilt als kritischer Moment in der Entwicklung von jeglicher Zivilisation in unserem Universum)
    Oder wird sich die Menschheit gar dauerhaft selbst eine Grenze ("bis hierher und nicht weiter") auferlegen?

    Oder schreitet der menschliche Erkenntnisprozess dauerhaft voran?
    Um eines Tages alle wesentlichen Fragen beatwortet zu haben?
    Oder um ebenso dauerhaft neue Fragen aufzuwerfen?
     
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  2. Komodowaran

    Komodowaran Gast-Teilnehmer/in

    hat dich der Vollmond erwischt, bzw. warum schreibst du so ausladende Fragen ? die Atomkraft ist unser Ruin, ich pfeif auf diese wissenschaftlichen Entgegnungen. Ich vertraue auf meinen Instinkt.
     
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  3. Alex3

    VIP: :Silber

    Nein und nein und nein und ja und nein und ja

    Der Wissensdurst ist unendlich, was der Zahl der offenen Fragen entspricht...
     
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  4. bluevelvet

    bluevelvet my mind is dangerous
    VIP: :Silber

    Es gibt sehr viele Grenzen und im Laufe des Erkenntnisprozesses stößt man auf sie, auch wenn sie sich teilweise verschieben, aber oft genug beginnt man dann wieder ganz am Anfang, weil man irgendwann feststellen muß, dass schon der Ausgangspunkt mit dem Irrtum belastet war. Momentan bewegt sich zum Beispiel die Physik in Regionen, wo man oft genug auch feststellen kann, dass es sich hier mehr um Glaubensfragen handelt, was jedoch kein Malheur ist, immerhin dachte man ja auch mal, dass die Erde eine Scheibe ist. ;) Reflexion, Umwelt- und Selbstwahrnehmung, sowie die sich verschiebenden Dimension innerhalb dieser Phasen, sorgen für genug Lücken (die entweder der Teufel oder Gott läßt, mal sehen :D ).
     
  5. lucy777

    lucy777 Gast-Teilnehmer/in

    ich glaube an zyklische entwicklungen, nicht an lineare.
    irgendwann werden wir wieder am nullpunkt sein, glaube ich.
     
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  6. anna-mari

    anna-mari Gast-Teilnehmer/in

    Nein.
     
  7. anna-mari

    anna-mari Gast-Teilnehmer/in


    Aber dass es irgendwann endgültige Grenzen für alle "Wissensgebiete" geben wird, glaube ich nicht.
     
  8. bluevelvet

    bluevelvet my mind is dangerous
    VIP: :Silber

    Das glaube ich auch nicht, wie ich generell nicht an das Konzept der Endgültigkeit glaube, egal worum es hier nun geht.
     
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  9. anna-mari

    anna-mari Gast-Teilnehmer/in


    Ja evtl.. Sollten irgendwann mal die Menschen ausgerottet sein.
    Aber auch dann ist die Frage, ob es ein Nullpunkt ist und alles wieder identisch "von vorne" anfängt.
     
  10. spacedakini3

    VIP: :Silber

    Der Begriff "Wissen der Menschheit" ist mir schon bekannt, nur ich stimme dem nicht zu, das es so wächst.

    Wissen kann doch nur eine bestimmte Person, nicht "die Menschheit" ...Was wenn einer was weiß, es aber die Welt nicht weiß, dass er es weiß?

    Und Wissen geht ja auch verloren. ZB gehen Sprachen verloren, altes Heilwissen, alte Geschichten..weil die Leute lieber Kabelfernsehen, statt alten Leuten zuhören.

    Ich glaub nicht, dass Wissen exponentiell zunimmt, das Wissen verlagert sich nur.
    Mehr Naturwissenschaft und weniger Geschichten und Traditionen und mündliche Wiedergabe.

    zB: Ich hab letztes Jahr bei einer Führung in einen Erdstall teilgenommen..der wurden vor mehr als 7000 Jahren in den Fels gegraben. In der Gegend gibts noch andere Überreste einer alten Kultur, Mauern, unterirdische angelegte Säle..etc. Lochsteine...und es gibt bis zu unserer Generation auch noch Geschichten über diese Lochsteine! Die wurden Jahrhunderte weitergegeben...und jetzt stirbt diese Überlieferung ab, weil die Jungen lieber Fernsehen...

    Oder der Vater einer Schulkollegin meiner Tochter. Er ist aus Afrika, sein Vater war Schamane, hat sehr viel Wissen über Heilkräuter etc..und er findet keinen Schüler, dem er das weitergeben kann. Dieses Wissen geht verloren.

    Man kann natürlich einwenden, das nur naturwissenschaftliches Wissen zählt, dann stimmts wohl, dass das Wissen zunimmt.
     
    lucy777 gefällt das.
  11. anna-mari

    anna-mari Gast-Teilnehmer/in

    Das wird "uns" dann halt auch nicht weiter entwickeln. Es muss irgendwie "allgemeingültig" werden, sprich mehrere Personen müssen ähnliches "entdeckt" haben. Und es können auch mehrere Personen "wissen". Warum muss das auf eine Person beschränkt sein?
     
  12. Q

    Q Gast

    Wie könnt ihr meinen, dass wir schon alles wissen, wo wir doch noch nicht mal den Warp-Drive haben? ;)

    Live Long and Prosper!

    na im Ernst: ich glaube nicht an systematische (und noch wenger an pragmatische) Beschränkungen des Wissens. Ich glaube allerdings, dass es schon Ereignisse geben kann, die die Menschheit wieder um Jahrhunderte in der Erkenntnis zurückwerfen. Damit sind nicht nur globale Katastrophen gemeint, sondern auch mögliche technik- und erkenntnisfeindliche soziale Entwicklungen (gerade die postindustrielle westliche Gesellschaft wäre für solche "Sehnsucht nach dem Einfachen"-Bewegungen sehr anfällig, wie man auch hierforums leicht nachlesen kann - zumindst so lange, so lange sie in warmen Wohnungen darüber im Internet philosophieren kann - aber danach ist es dann zu spät).

    In der Geschichte gibt es genügend Belege für all das - von der Völkerwanderung am Ende der antiken Hochkulturen bis hin zu religiös motivierten Erkenntnisverboten vom Mittelalter bis zur Aufklärung.
     
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  13. Urquelle

    VIP: :Silber

    :surprise: das you hat sogar den passenden smiley: :vulcan:


    dass uns technikfeindliche Entwicklungen so zurückwerfen, gaub ich gar nicht - eher solche Sachen:
    http://orf.at/stories/2206847/2206849/
    (gut, das schmälert nicht das Wissen und löst möglicherweise das Überalterungsproblem :oops: )

    bei der Sehnsucht nach dem Einfachen machen doch ohnehin nicht alle mit und selbst, wenn wir "müssten" - ein paar (illegale) "Wissensinseln" würden glaub ich bestehen bleiben
     
  14. Q

    Q Gast

    Lies mal nach bei Isaac Asimov, er beschreibt recht glaubwürdig derartige Szenarien.
     
  15. cestlavie

    cestlavie Gast-Teilnehmer/in

    Die gesamte Menge an Wissen kann natürlich auch dann zunehmen, wenn bestimmtes Wissen verlorengeht. Bei solch "verlorengegangenem" Wissen gibt es unterschiedliche Kategorien:

    Einerseits obsolet gewordenes Wissen oder einfach nur mit Wissen verwechselter Aberglaube. Die Alchemie als Jahrhunderte alter Zweig der Naturphilosophie ist solch ein Beispiel. Schon Kant hat sich die Frage gestellt, was z.B. die Alchemie von Wissenszweigen, die ein dauerhaftes Fundament erarbeiten, unterscheidet.

    Andererseits gibt es den Klassiker des "reinventing the wheel". Es gibt z.Bsp. Untersuchungen darüber, wie groß die Anzahl auf einem Gebiet forschender Personen sein muss, um einen maximal effizienten Output zu erzielen. Zu wenig Forscher und das Gebiet dümpelt unterkritisch vor sich hin - zu viele, und der Wissensaustausch verkompliziert sich dermaßen, dass Dinge mehrfach entdeckt werden (was auch impliziert, dass manche Entdeckungen dem dauerhaften Vergessen anheim fallen). Diese Überlegungen könnten natürlich durch neue Kommunikationsmöglichkeiten modifiziert werden müssen, was zur einer weiteren Kategorie des Wissensverlusts überleitet:

    In unserer Zeit werden durch die Möglichkeiten, die der Computer eröffnet, sicher etliche Fertigkeiten aussterben (in früheren Zeiten durch andere Erfindungen). Mir nötigt es immer wieder großen Respekt ab, wie erfinderisch und handwerklich begabt frühere Generationen, die noch bei weitem nicht über die uns heute zur Verfügung stehenden Möglichkeiten verfügten, bei der Schaffung großer Bau/Kunst/sonstiger Werke sein mussten. Dazu eine Randbemerkung: Mir scheint auch bei der heutigen Schulbildung z.B. der Fokus weniger auf korrekte Rechtschreibung als vielmehr die Kunst des Erzählens gelegt zu werden. Der Computer wird auch andere Fähigkeiten wie beispielsweise die Anfertigung von Handskizzen an Bedeutung verlieren lassen. So sehr ich das auch bedauern mag......schon die Erfindung der Photographie hat die Malerei vom Zwang der wirklichkeitsgetreuen Abbildung beftreit, und so wird es sich auch mit zukünftigen Entwicklungen verhalten. Wir sind halt alle Kinder unserer Zeit und stehen deshalb solchen Entwicklungen oftmals negativ gegenüber.


    Das glaube ich nicht. Blenden wir die Diskussion. ob es sich bei der Medizin um eine Naturwissenschaft oder nicht handelt, einmal aus, so kann in der Medizin gar nicht so viel an Wissen verlorengehen, dass das gesamte Wissen nicht dennoch exponentiell zunähme.
    In der Geschichte wiederum steht noch die Auswertung und Einordnung all der Geschehnisse des 20. Jahrhunderts aus und ständig kommt neue Geschichte hinzu. Außerdem handelt es sich bei dem, was wir unter Geschichte verstehen, "bloß" um die Ereignisse, die sich auf diesem kleinen blauen Planeten zugetragen haben. In der Kosmologie, die sich der Geschichte des Universums widmet, war vor hundert Jahren noch gar nicht bekannt, dass es noch andere Galaxien als die unsrige gibt und die Idee eines Anfangs der Zeit galt als zutiefst unwissenschaftlich. Von daher: Ich sehe den rasanten Wissenszuwachs auf allen Gebieten.
     
  16. KittyMe

    KittyMe eat me
    VIP: :Silber

    Ich kann das natürlich nicht so wissenschaftlich formulieren, aber ich glaube auch an das rasante Wissenswachstum. Um es von einer Seite anzugehen, von der ich etwas Ahnung habe. Ist doch vor allem der Zugang und die Archivierung von Wissen ein wesentlicher Faktor. Von der sprachlichen Weitergabe, zur Alphabetisierung einer Gesellschaft, zum Meilenstein des Buchdrucks, bis zu gigantischer digitaler Speicher- und Wiedergabemöglichkeiten.

    Aber genau hier sehe ich ein wachsendes Problem. Einerseits ist der uneingeschränkte Zugang zu Wissen eine fantastische Sache. Sogar eine Möglichkeit soziografische Bildungsfallen auszuhebeln. Denn jeder Mensch hat jeder Zeit theoretisch Zugang zu Wissen. Das Risiko ist eher, wie glaubhaft ist eine Quelle heutzutage? Mit der uneingeschränkten Verfügbarkeit fordert Bildung auch maximale Eigeninitiative. Nie mussten wir so viel selbstständig denken wie heute, wenn wir uns eine Meinung zu irgendeinem Thema bilden wollen.

    Gerade was Grenzwisschenschaften und immer beliebte Verschwörungstheorien betrifft, ist es wirklich kurios, wie wenig Zeit es braucht, bis eine gewagte Theorien zur Wahrheit werden kann. Nach dem Motto, je mehr Leute es glauben, desto wahrer muss es sein.

    Die Frage ist also eigentlich hat diese Quantität an gespeichertem Wissen auch eine Qualität?
     
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  17. spacedakini3

    VIP: :Silber

    Wie willst du denn eigentlich die "Menge" an Wissen messen?

    Was ist Wissen überhaupt ?

    Wenn das Wissen von 20 asiatische/afrikanischen/sonstwo Schamanen/Ärzte (und die haben ja nicht nur Hokuspokus gemacht, sondern durchaus auch brauchbare Kräuterheilkunde und Physiotherapie angewandt - selbst wenn es durch westliche Wissenschaftler noch nicht geprüft worden ist, muss es ja nicht automatisch unwirksam sein, es ist einfach noch nicht geprüft) verschwindet, misst das dann genausoviel, wie wieviel naturwissenschaftlich überprüfte Medizin? 20 Schnupfenmittel? 20 Krebstherapien?

    Bewertest du ein Medikament gegen eine seltene Krankheit weniger als eines gegen eine häufige Krankheit?
    Ein teueres mehr oder weniger als ein billiges?

    Bevor die Begriffe "Wissen" und "Menge an Wissen" nicht geklärt sind, kann man das eigentlich nicht diskutieren, ob Wissen zunimmt.


    Es fällt auch viel Wissen weg.

    Ich hab zB in einem Buch über Schnittkonstuktion (zum Nähen) gelesen " Wie man maßnimmt, darf als allgemein bekant vorausgesetzt werden, es ist wohl jedem schon einmal maßgenommen worden" ...na super, ich hab keine Ahnung, wie die damals gemessen haben, ich kenne 2 Systeme von Schnittkonstuktion und beide passen nicht auf das was in dem Buch in den folgenden Kapiteln steht.

    Noch was aus der Schneiderei (ist halt mein Gebiet): Kleidung aus früherer Zeit wurde ja auch Gemälden nur von vorne abgebildet, wie das hinter ausgesehen hat, ist vergessen. Unterwäsche ebenso. Lange Epochen...alles Wissen weg.

    Soviele rätselhafte Objekte aus der Geschichte gibts es, die Himmelsscheibe von Nebra...irgendwann war bekannt, was das ist.
    Die Kreisgrabenkultur und die, die sie ausgerottet haben...sehr rätselhaft, aber die haben damals gewußt, wer sie waren. Alle Info weg.

    Die Bibliothek von Alexandria (naja, ok, das tät wohl auf einen USB Stick passen...) ist auch weg.

    Und noch was: das Wissen muss man ja auch gewichten. Es sollte in die Berechnung eingehen, dass unnötiges Zeug weniger zählt, als lebensnotweniges oder freudebringendes.
     
  18. cestlavie

    cestlavie Gast-Teilnehmer/in

    Diese Einwände sind prinzipiell berechtigt. Nichtsdestotrotz steht der Befund des rasanten Wissenszuwachses außer Frage. Schau dir einfach mal die ständig steigende Anzahl von Journalen eines Wissensgebietes an, vergleiche den zunehmenden Umfang von Standardwerken eines Gebietes, vergleiche Studienpläne von früher mit heute, frag einen Mediziner, wie sich am Ball zu bleiben verkompliziert hat, auch Normen (abseits von Bürokratiebelangen) werden immer umfangreicher, frag jemanden, der gerade Haus baut, wieviele (auch verwirrende!) Möglichkeiten es heute dabei gibt im Gegensatz zu früher.

    "Lebensnotwendig" und "freudebringend" sind mir in diesem Zusammenhang zu nebulose/subjektive Begriffe. Die Frage nach der "Qualität/Relevanz" von Wissen ist, ungeachtet der Schwierigkeit, dies zu messen, dennoch eine zutiefst berechtigte. Am Beispiel der starken und schwachen Wechselwirkung: Da wurden Tonnen an Daten gesammelt und ausgewertet, ohne anfangs einen Fortschritt im Verständnis zu erzielen, bis die zugrundeliegenden Gesetzmäßigkeiten schlussendlich erkannt wurden - das ist für mich ein signifikanter Fortschritt. Wenn die Medizin einmal in der Lage sein sollte, Krebs zu heilen, würden wir wahrscheinlich auch ohne zu zögern dies als essenziellen Fortschritt bezeichnen.

    Ein interessantes Beispiel sind auch die Neurowissenschaften. Eine Gruppe sammelt dort auf Teufel komm raus Daten mithilfe bildgebender Verfahren, Skeptiker meinen jedoch, damit prinzipiell nicht dem Phänomen des menschlichen Bewusstseins auf die Schliche kommen zu können. Behielten die Skeptiker recht, könnte man die Bedeutung der angehäuften Datenmengen durchaus in Zweifel ziehen.

    Wie ich auch geschrieben habe, sterben Fertigkeiten immer wieder aus. Und der Befund, dass die Menschheit heute über weit mehr Wissen verfügt als in früheren Tagen, heißt ja nicht, dass die Menschen früher dümmer oder ungeschickter gewesen wären.
     
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  19. LaraCroft

    VIP: :Silber

    An eine Erkenntnisgrenze glaub ich nicht.
    Wenn ich mir nur das menschliche Gehirn ansehe, was da noch unerforscht ist.
    Oder im mikrobiologischen Bereich. Oder im physikalischen.
    Viele der heutigen Erkenntnisse auf diesen Gebieten hätte sich die Menschheit noch vor 50 Jahren nicht einmal vorstellen können.
    Es werden sich neue Fragen auftun. Zum Glück.
    Das Wissen zu managen wird wohl immer mehr eine Herausforderung.
     
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  20. 0xym0r0n

    0xym0r0n Gast-Teilnehmer/in

    Coole, interessante Frage. Für mich ist das etwa so:

    Man stelle sich die Menge an Legosteinen vor, die eine Lego-Fabrik innerhalb von 100 Jahren auswirft. Das ist das theoretisch verfügbare Wissen des Universums.
    Im Vergleich dazu entspricht unser aktuelles "Weltwissen" einem einzigen kleinen 4-er Legostein. Vermutlich in rot.

    Somit zu deiner Frage: Ja, das zu erforschende Universum hat (rein theoretisch) wohl irgendwo eine Grenze (obwohl es sich vermutlich laufend vergrößert). Aber diese Grenze ist für die Menschheit komplett irrelevant, weil wir keinerlei Chancen haben, sie jemals auch nur annähernd zu erreichen.

    Man kann es auch "wissenschaftlicher" (;)) ausdrücken: Stell dir die Planeten unseres Sonnensystems als Elektronen in einem Atom vor, dessen Kern unsere Sonne ist. Und unser Sonnensystem ist lediglich ein Atom innerhalb der Materie eines viel größeren Gebildes, das eine (mangels geeigneten Blickwinkels) uns unbekannte Gestalt hat. Aber machen wir es uns vorstellbar und sagen unser Sonnensystem ist ein Atom in einem Grashalm auf einem anderen Planeten. Zu allem Überdrüber ist dieser andere Planet eventuell auch wieder nur ein Elektron eines wieder größeren Gebildes. Und umgekehrt leben auf dem einen oder anderen Elektron unseres Universums eventuell andere intelligente Lebewesen. Hicks ist nur das, was wir aktuell extrem aufwändig irgendwie "sichtbar" machen können.

    Abschließend ist ja die Zeit (mittlerweile auch wissenschaftlich nachgewiesen) eine subjektive Erscheinung unseres Weltbildes. Man stelle sich also alle Augenblicke des gesamten Universums unbekannten Ausmasses in einem einzigen Augenblick komprimiert vor. Das ergibt dann das gesamte Wissen des Universums.

    Vermutlich sind 100 Jahre Legosteine noch viel zu wenig.... :D
     
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