1. Reden wir miteinander ...

    Liebe(r) Gast, tausche dich mit uns über die Themen aus, die dich gerade beschäftigen. Falls du es aushältst zu erfahren, was Außenstehende darüber denken. ;-)

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Frage an Juristen

Dieses Thema im Forum "FORUM | Reden wir miteinander ..." wurde erstellt von no-mercy, 15 Juli 2012.

  1. no-mercy

    no-mercy Fulgurator

    Folgendes:
    Aufhänger ist der ESM-Vertrag, aber ich möchte überhaupt NICHT Details oder positives/negatives diskutieren sondern nur rahmenrechtliche Auskunft.

    1. Frage:
    Wenn ich einen Vertrag aufsetze in dem ich jegliche Anfechtung ausschliesse und keine Kündigungsmöglichkeit festlege, wird das problemlos als Knebelvertrag und wider die guten Sitten gewertet und für nichtig erklärt.
    Warum können internationale Verträge soetwas beinhalten? Gibt es da kein "wider die guten Sitten"?

    2. Frage:
    Wenn es solcher völkerrechtlicher Vertrag unterschrieben ist und danach eine entsprechende Verfassungsklage durchgeht und der OGH erkennt einen Verstoss gegen die Verfassung. Was passiert dann? Muss dann die Verfassung solange angepasst werden, bis wieder alles in Einklang ist, weil Kündigung oder Anfechtung ist ja nicht möglich.
     
  2. Tequila

    Tequila Gelöschtes Mitglied

    Was den ESM Vertrag betrifft, bin ich sicher, dass eher die Verfassung geändert wird als der Vertrag.

    Das ist auch nichts besonderes, seinerzeit hat die SPÖ die Verfassung wegen jedem Scheiß geändert, sogar wegen der Sicherung der maximalen Anzahl an Taxis. Unsere Verfassung ist sowieso ein Flickwerk aus meist unnötigen Themen, die LÄNGST komplett weggeschmissen und ernsthaft unter Mitwirkung aller Österreicher neu gemacht gehört.
     
  3. Rosenkrantz

    Rosenkrantz pensionist mit begeisterung

    verfassung (am papier) und realverfassung (gelebtes recht) klaffen weit auseinander. ich hab mal mit einem freund einen brief an alle (damals 4) parlamentsparteien geschrieben mit der bitte, die kluft zw. verfassung und realverfassung zu erklären. bis heute keine antwort.

    meine erklärung ist einfach: unsere parteien sind stärker als die verfassung. beispiel gefällig?

    ein abgeordneter ist seinen wählern aus dem wahlkreis verprflichtet. jeder abgeordnete hat darüber hinaus nach seinem gewissen für oder gegen gesetzesvorhaben zu stimmen. tut er aber nicht. er beugt sich lieber dem klubzwang.

    der esm an sich ist eh nicht das problem. das problem ist der dem esm includierte fiskalpakt. im schlechtesten fall würden betroffene staaten ihre finanzhoheit verlieren und damit einen teil der souveränität. das ist der punkt, wo es den konflikt mit der bestehenden verfassung gibt.
     
  4. no-mercy

    no-mercy Fulgurator

    Das sehe ich ein bißchen anders. Auch die totale Immunität (=Verstoss Gleichheitsgrundsatz?), die unwiderrufliche jederzeitige Geldanforderung und die Macht der nichtgewählten Gouverneure (= gegen "alle Macht geht vom Volke aus"?). Also auch der ESM an sich ist m.E. verfassungsmäßig bedenklich.
     
  5. Tequila

    Tequila Gelöschtes Mitglied

    Der ESM ist ein übernationales Konstrukt, dem diplomatische Immunität gewährt wurde. Das ist nicht ungewöhnlich. Ihr seid immer noch zu sehr im Nationalen verhaftet. Die österreichische Verfassung ist auf multinationale Konstrukte auch nicht zur Gänze anwendbar bzw. wird regelmäßig dafür geändert.

    Auch bei uns wird die Wahl nächstes Jahr wohl eine "Europa"-Wahl werden (wie es die Frau Merkel, die unseren Kasperln immer voraus ist, für Deutschland schon angekündigt hat).
     
  6. no-mercy

    no-mercy Fulgurator

    Vorsicht, es ist keine diplomatische Immunität. Es ist deutlich mehr.
    Es ist korrekt, dass die österreichische Verfassung nicht zur Gänze anwendbar ist, ABER die österreichische Verfassung bestimmt welche internationalen Konstrukte überhaupt abgeschlossen werden dürfen.

    Und das Nationale wird die Zukunft sein, solange es keine gemeinsam Sprache gibt. Deshalb sind alle anderen Ansätze zum Scheitern verurteilt. Hinzu kommt dass es den Jugendlichen in Spanien, Griechenland und Co, die zu mehr als 50% arbeitslos sind und keine Zukunft sehen (und haben) völlig egal ist, was sich abgehobene Politiker zum Thema EU ausdenken.
    Dieses soziale Pulverfass wird noch einige Regierungen hinwegfegen und es wird nationale Regierungen geben, die internationalen Verträgen einfach den Stinkefinger zeigen werden und die jubelnden Massen hinter sich haben.
     
  7. Tequila

    Tequila Gelöschtes Mitglied

    Dann musst du nächstes Jahr FPÖ oder BZÖ wählen, wie viele andere. Wenn du Glück hast, kannst du eventuell den Werkzeugmacher wählen, der scheint ein paar Milliönchen in sein Ego investieren zu wollen.
     
  8. Rosenkrantz

    Rosenkrantz pensionist mit begeisterung

    ähm ... nicht jeder, der sich kritisch zur eu äußert muß deshalb gleich fpö oder bzö wählen. aber das nur nebenbei. es gibt eine große diskrepanz zwischen dem, wofür sich brüssel zuständig erklärt und dem, was die nationalen staaten nach wie vor selber regeln wollen. monetär scheint alles auf vereinheitlichung hinauszulaufen, während andere probleme, vor allem sozialer natur, nationalstaatlich bleiben.

    was strache betrifft: man muß nur zeigen, welchen "erfolg" nationalisten wie orban haben, um die grenzen aufzuzeigen.
     
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  9. Tequila

    Tequila Gelöschtes Mitglied

    Diesmal leider schon. Weil alle anderen Parteien (SPÖ, ÖVP und Grüne) PRO Europa eingestellt sind. Wer im Nationalismus verharren will und Europa skeptisch sieht, wird FPÖ oder BZÖ wählen. Ganz einfach. :)
     
  10. no-mercy

    no-mercy Fulgurator

    Sollte es tatsächlich darauf hinauslaufen, dass alle anderen Teile der Parteiprogramme irrelevant werden, weil es nur ein pro oder contra Europa ist, dann ist absehbar, dass FPÖ/BZÖ und eine weitere Protestpartei, die garantiert unter Stronach oder wemauchimmer kommen wird, die Mehrheit der Stimmen bekommen wird.
    Aber ich glaube nicht, dass es soweit kommen wird. Man sieht an anderen Dingen, dass sich die Großparteien hüten, bewusst gegen die Mehrheit zu regieren. Stichwort Parkpickerl in Wien, Umweltzone Graz usw.

    Im übrigen geht es nicht um wollen oder nicht wollen, sondern um eine realistische Sicht der Dinge. Ich hätte auch nichts gegen eine Weltregierung, die ist nur eine absolute Utopie oder gegen eine Einheitsreligion um die Religionskonflikte endlich beizulegen. Wenn mir jedoch jemand käme, der das als erreichbares Ziel angibt, würde ich diese Person nicht ernst nehmen können und genau so geht es mir zur Zeit mit den EU-Politikern. Zu abgehoben, längst nicht mehr in der realen Welt verankert.
     
  11. Rosenkrantz

    Rosenkrantz pensionist mit begeisterung

    da sind wir unterschiedlicher meinung. etwas kritisch betrachten, sich darüber gedanken machen heißt nicht, es abzulehnen. die möglichkeiten, als wähler etwas zu bewirken, sind sehr gering. das weißt du, das weiß ich. die nationalen wahlen zum eu-parlament haben (noch) zu geringe auswirkungen auf die eu-politik. aber langsam greift es doch wie die ablehnung von acta durch das eu-parlament zeigte.

    über all dem darf man nicht vergessen, wie die eu entstanden ist. montan-union - ewg - eu. immer die stabile(?) wirtschaft im mittelpunkt der interessen. daß es bei der politischen konsolidierung zu spannungen kommen muß war nur eine logische folge des immer noch in europa vorherrschenden nationalismus. selbst in der kleinen schweiz gibt es innerhalb der kantone ein großes konkurrenzdenken. deutschland hat die kluft brd-ddr noch immer nicht überwunden. wen wunderts, daß es beim projekt europäische (politische) union diesbezüglich probleme gibt.

    gestern (oder vorgestern?) war im kurier ein diesbezüglicher artikel. in dem wurde ausgeführt, was es uns kostet, würde man aus dem euro aussteigen und wieder nationales geld einführen. vorsichtig geschätzt würde es uns wirtschaftlich 10 jahre zurück werfen.
     
  12. Rosenkrantz

    Rosenkrantz pensionist mit begeisterung

    wie willst du dann die position der grünen sehen? sie haben im parlament für den esm gestimmt. gemeinsam mit rot/schwarz. gleichzeitig jedoch brachten sie eine klage beim vfgh gegen den fiskalpakt ein. janusgesichtige grüne oder einfach vernunft UND pro-eu.
     
  13. no-mercy

    no-mercy Fulgurator

    janusgesichtig trifft es schon und v.a. heuchlerisch.
    Strenggenommen müssten die Grünen eigentlich genau umgekehrt eingestellt sein. Gegen ESM weil antidemokratisch und pro Fiskalpakt, weil europaweit gleiche Standards angestrebt werden.
     
  14. DerStefan

    DerStefan Gast-Teilnehmer/in

    Das ist im Prinzip wie heiraten. Ohne das Ehegesetz wäre eine Ehe bzw deren Verpflichtungen und Folgen schwerst sittenwidrig.
     
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